Hendrik Witbooi.
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Handlungen mit dem Landeshauptmann beendigt waren, jagte bereits ein Trupp Witbooi-Reiter nach Rehoboth im Lande der Bastards davon, kehrte nach wenigen Wochen mit einer den Bastards geraubten Herde Vieh zurück, und als Major Leutwein nach dem ersten August vor der Naauw-Kloos erschien, um die Feindseligkeiten wieder aufzunehmen, fand er die Feinde neu gekräftigt und besser verschanzt als vorher.
Um zu seinem Ziele zu gelangen, ließ der Major die Naauw-Kloos stark unter Feuer nehmen und ging dann zum Sturm über, wobei der Lieutenant Diestel und neun Mann blieben und elf Mann verwundet wurden. Diese kühne Waffenthat hatte zur Folge, daß die Witbooi's ihren letzten Halt verloren und in den nächsten vierzehn Tagen von Platz zu Platz getrieben, von Hunger und Durst ermattet, von allen Seiten eingeschlossen, flehentlich um Frieden baten. Der Landeshauptmann sicherte ihnen denselben zu unter der Bedingung völliger Unterwerfung und Ansiedlung aus Gibeon unter Aussicht einer Abtheilung der Schutztruppe, Der mit den Verhältnissen des dürren, wasserlosen Südwest-Afrika unbekannte Laie wird kaum im Stande sein, die Schwierigkeiten, mit denen unsere Schutztruppe in diesen letzten Monaten vor der Aufreibung der Witbooi-Hottentotten gekämpft hat, in vollem Maße zu würdigen. Wer aber weiß, was es heißt, mehrere Tage ohne Nahrung und ohne Wasser, bei Tage ohne Schatten den glühenden Sonnenstrahlen und bei Nacht ohne Decke einer Temperatur, welche oft bis 5 Grad U. unter Null sinkt, ausgesetzt zu sein, zerrissene Kleider und geborstenes Schuhwerk zu tragen und bei alledem noch frischen Muths ohne Ruhe und Rast, über Gebirge und Steppen den flüchtigen Feind zu verfolgen, der muß fürwahr die Zähigkeit der Leute und die Thatkraft ihrer Führer bewundern. Major Leutwein sagt nicht zu wenig, wenn er es ausspricht, daß das Endgefecht des Feldzuges bei Gums, wo die Hottentotten ihre letzte Wasserstelle mit außerordentlicher Hartnäckigkeit ver- theidigten, sogar an mehreren Stellen zum Angriff übergingen und um den Besitz eines Geschützes handgemein wurden, zu den schönsten Wasfenthaten deutscher Soldaten zählt.
Damit ist der Widerstand des tapferen Hottentottenhäuptlings gebrochen, und nach menschlicher Berechnung herrscht nun der langersehnte Friede in unserem südwestafrikanischen Schutzgebiet. Denn es ist nicht wahrscheinlich, daß die Herero's, der einzige noch übrige mächtige Stamm des Landes, sich jemals gegen die deutsche Herrschaft auflehnen sollten, so lange diese ihnen mit Gerechtigkeit und Wohlwollen begegnet. Bis hierher hat die Regierung ihre Schuldigkeit gethan: das Land ist pacificirt, mit Militärposten bedeckt, Verwaltung und Rechtspflege sind geregelt, die Postverbindung ist eine gute und eine zweimonatliche Schiffsverbindung mit Hamburg hergestellt; möge nun der deutsche Kaufmann und Ingenieur, deutsches Capital und deutscher Unternehmungsgeist sich der reichen Erwerbsquellen des Landes bemächtigen, um es für deutsche Ansiedlung und den Absatz deutscher Waare brauchbar zu machen.