Heft 
(1894) 82
Seite
315
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Literarische Notrzen. Z 15

ckk. Welche Förmlichkeiten müssen von den deutschen Urhebern und Verlegern beobachtet werden, um den Schutz gegen Nachdruck re. zu erlangen. Von

lör. O. Dambach. Zweite veränderte und vermehrte Auflage. Leipzig 1895.

Bei der Geschäftsstelle des Börsenvereins der deutschen Buchhändler ist soeben in zweiter Auflage eine von dem langjährigen Vorsitzenden des königlich preußischen literarischen Sach­verständigen - Vereins,, Wirklichen Geheimen Oberpostrath Professor Dr. Dambach verfaßte Schrift erschienen, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Frage zu beantworten, welche Förmlichkeiten seitens der deutschen Urheber und Verleger beobachtet werden müssen, um nach der inneren deutschen Reichsgesetzgebung und nach den internationalen Verträgen den Schutz gegen Nachdruck, Nachbildung, Üebersetzung und un­erlaubte Aufführung ihrer Werke zu erlangen. Der Verfasser hatte die bei der vorgedachten Frage in Betracht kommenden einzelnen Punkte auf Ersuchen des Börsenvereins der deutschen Buchhändler bereits im Jahre 1890 in einem Aufsatze, welcher im Adreßbuch für den deut­schen Buchhandel, im Buchhändler-Börsenblatt und in einem Sonderabdruck erschienen ist, ein­gehend erörtert und hat jetzt auf Wunsch des Börsenvereins eine neue Auflage seiner Ab­handlung erscheinen lassen, in welcher alle in­zwischen eingetretenen Aenderungen, namentlich auch die Verhältnisse zu England und Amerika berücksichtigt worden sind. Die tägliche Er­fahrung lehrt leider deutlich genug, wie wenig Urheber und Verleger mit den für das Schutz­recht zu beobachtenden Förmlichkeiten vertraut sind. Wenn die Betheiligten aber sich bisher nicht mit Unrecht damit entschuldigen konnten, daß ihnen die Einsicht der diesbezüglichen gesetz­lichen Vorschriften besonders erschwert gewesen sei, so ist dieser Grund jetzt durch die übersicht­liche und eingehende Darstellung Dambach's vollkommen beseitigt. Der Verfasser gibt zu­nächst eine kurze Zusammenstellung der allge­meinen gesetzlichen und vertragsmäßigen Grund­lagen des Urheberrechtsschutzes, um dann im Einzelnen den Schutz gegen unerlaubten Ab­druck von Manuscripten, den Schutz gegen Nachdruck oder Nachbildung selbständig er­schienener Werke der Literatur oder Kunst, den Schutz von Zeitungsartikeln, den Schutz gegen unbefugte Uebersetzungen und den Schutz gegen unerlaubte öffentliche Aufführung zu behandeln. In jeder Gruppe wird der Schutz nach der deutschen Reichsgesetzgebung und der Schutz nach den internationalen Verträgen besonders erörtert. Zwei weitere Abschnitte behandeln die Urheberrechtsverhältniffe zwischen Deutsch­land und Oesterreich beziehentlich den Vereinigten Staaten von Amerika, und am Schluffe seiner Abhandlung hat der Verfasser dis Ergebnisse seiner Erörterungen nochmals in knappen, über­sichtlichen Sätzen zusammengestellt. Aus voller Ueberzeugung können wir die treffliche und ersprießliche Arbeit des bewährten Kenners des deutschen und internationalen Urheberrechts allen deutschen Urhebern und Verlegern in ihrem eigensten Interesse auf das Wärmste empfehlen.

1/. Das deutsche Kunstgewerbe zur Zeit der Weltausstellung in Chicago 1893.

Herausgegeben von Leop. Gmelin. Mün­chen, M. Schorß.

Ein sehr stattlicher Quartband, mit 56 Tafeln und 70 Textillustrationen, erstrebt nach Versicherung der Redaction, dem Erfolge der deutschen Äbtheilung auf der Ausstellung in Chicago durch eine geeignete Publication eine möglichst nachhaltige Wirkung zu sichern. Sie beschränkt sich nicht auf die in Chicago aus­gestellten Arbeiten, sondern nimmt auch andere bedeutsame Leistungen der letzten Jahre auf. Hiermit kann man durchaus einverstanden sein, dagegen wäre es in der Ordnung gewesen, daß unter dem Titel des deutschen Kunstgewerbes nicht lediglich das Münchener Kunstgewerbe marschirte. Was vorliegt, ist mit wenigen Aus­nahmen aus dem bayrischen Kunstgewerbeverein hervorgegangen und zumeist schon in seiner Zeitschrift publicirt. Als eine Zusammenstellung der letzten Stücke dieses Vereins in Buchform könnte man das Werk dankbar begrüßen; alle weitergehenden Ansprüche, die der Titel erhebt, sind abzulehnen, vor Allem der Zusammenhang mit Chicago. Dort war ohne allen Zweifel der eigentliche Triumph der deutschen Abtheilung, ja des ganzen Jndustriepalastes die Ausstellung der Königl.Preuß.Porcellan-Manufactur. Vondiesen Schätzen bringt das vorliegende Werk nichts als eine kleine Vase, von der Meißner Manufactur gar nichts, ebenso wenig von den Ehrengeschenken der Berliner und der Karlsruher Gruppe. Dadurch, daß das Werk, zweisprachig behandelt, sich mit dem englischen Text an das Ausland wendet, welches sich an den Haupttitel Oorinan artistleal lianckioratt hält, wird die Verschiebung des wirklichen Bildes noch größer. Die Aus­stattung des Buches einschließlich des Einbandes ist sehr gefällig.

ea. Die Anfänge der Kunst. Von Ernst Große, vr. pllil. Mit 32 Abbildungen im Text und 3 Tafeln. Freiburg i. B. und Leipzig, Mohr-Siebert. 1894.

Die Aesthetikvon oben", wie Fechner sie nannte, ist lange in Mißkredit gsrathen, die Aesthetikvon unten", die ohne luftige Specu- lation auf Beobachtungen fußt und inductiv vorgeht, regt sich immer mächtiger. Der Ver­fasser ist ein entschiedener Empiriker und ein Mann von Gedanken. In der Völkerkunde wird ein ungeheures Material angehäuft, das den Betrachtenden oft mehr verwirrt als unterrichtet, zumal wenn sein Gewährsmann alle Zeiten und Völker in endlosen wirren Satzgespinsten durch einander laufen läßt. Große gibt uns kein solches verfitztes Knäuel. Er hält sich energisch an die tiefsten Culturstufen der Südseewilden und der Eskimos, um nach scharfen methodolo­gischen Auseinandersetzungen die Kosmetik, die Ornamentik, die Bildnerei, den Tanz, die Poesie und die Musik auf ihre Ursprünge und primitive Fortbildung zurückzuführen, hie und da wohl durch ein Material aus zweiter Hand beengt oder vorschnell generalisirend, in den Haupt­punkten für jeden überzeugend, der nicht um­sonst im Zeitalter Darwin's lebt. Spencer's Ansicht von undifferenzirter Urpoesis wird doch