Heft 
(1894) 82
Seite
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Deutsche Rundschau.

Heraus?"

Effi lachte.Du meinst, ich war noch gar nicht drin. Und es wird w so sein. Aber an wem liegt das? Das liegt doch nicht an mir. Er spri immer so viel vom Alten Testament. Und wenn es auch ganz gut ist, es baut mich nicht. Ueberhaupt, all' das Zuhören; es ist nicht das Rechte. Sn ich müßte so viel zu thun haben, daß ich nicht ein noch aus wüßte. T wäre was sür mich. Da gibt es so Vereine, wo junge Mädchen die Wir schast lernen, oder Nähschulen oder Kindergärtnerinnen. Hast Du nie dav gehört?"

Ja, ich habe mal davon gehört. Anniechen sollte mal in einen Kind garten."

Nun siehst Du, Du weißt es besser als ich. Und in solchen Verein, )

man sich nützlich machen kann, da möchte ich eintreten. Aber daran ist g

nicht zu denken; die Damen nehmen mich nicht an und können es auch niä

Und das ist das Schrecklichste, daß einem die Welt so zu ist und daß es si

einem sogar verbietet, bei Gutem mit dabei zu sein. Ich kann nicht m armen Kindern eine Nachhülfestunde geben ..."

Das wäre auch nichts für Sie, gnädige Frau; die Kinder haben imm so fettige Stiefel an, und wenn es nasses Wetter ist, das ist dann solc Dunst und Schmook, das halten die gnädige Frau gar nicht aus."

Esst lächelte.Du wirst Wohl Recht haben, Roswitha; aber es ist schlimr daß Du Recht hast, und ich sehe daran, daß ich noch zu viel von dem alte Menschen in mir habe und daß es mir noch zu gut geht."

Davon wollte aber Roswitha nichts wissen.Wer so gut ist, wie gnädic Frau, dem kann es gar nicht zu gut gehen. Und Sie müssen nur nicht imrm so was Trauriges spielen, und mitunter denke ich mir, es wird Alles noc wieder gut und es wird sich schon was finden."

Und es fand sich auch was. Esst, trotz der Cantorstochter aus Polzir deren Künstlerdünkel ihr immer noch als etwas Schreckliches vorschwebtc wollte Malerin werden, und wiewohl sie selber darüber lachte, weil sie siü bewußt war, über eine unterste Stufe des Dilettantismus nie hinauskommer zu können, so griff sie doch mit Passion danach, weil sie nun eine Beschäftigung hatte, noch dazu eine, die, weil still und geräuschlos, ganz nach ihrem Herzer War. Sie meldete sich denn auch bei einem ganz alten Malerprosessor, der ir der märkischen Aristokratie sehr bewandert und zugleich so fromm war, daß ihm Esst von Anfang an ans Herz gewachsen erschien. Hier, so gingen wolff seine Gedanken, war eine Seele zu retten, und so kam er ihr, als ob sie seine Tochter gewesen wäre, mit einer ganz besonderen Liebenswürdigkeit entgegen. Esst war sehr glücklich darüber, und der Tag ihrer ersten Malstunde be- zeichnete für sie einen Wendepunkt zum Guten. Ihr armes Leben war nun nicht so arm mehr, und Roswitha triumphirte, daß sie Recht gehabt und sich nun doch etwas gesunden habe.

Das ging so Jahr und Tag und darüber hinaus. Aber daß sie nun wieder eine Berührung mit den Menschen hatte, wie sie's beglückte, so ließ es auch wieder den Wunsch in ihr entstehen, daß diese Berührungen sich erneuen