Heft 
(1894) 82
Seite
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Effl Briest.

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Natürlich," lachte Effi.Das kann man immer noch. Aber weißt Du, Roswitha, wenn ich einen Hund hätte, der mich begleitete. Papas Jagdhund hat gar kein Attachement für mich, Jagdhunde sind fo dumm, und er rührt sich immer erst, wenn der Jäger oder der Gärtner die Flinte vom Riegel nimmt. Ich muß jetzt oft an Rollo denken."

Ja," sagte Roswitha,fo 'was wie Rollo haben sie hier gar nicht. Aber damit will ich nichts gegen chier' gesagt haben. Hohen-Cremmen ist sehr gut."

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Es war drei, vier Tage nach diesem Gespräche zwischen Effi und Roswitha, daß Jnnstetten um eine Stunde früher in sein Arbeitszimmer trat als ge­wöhnlich. Die Morgensonne, die sehr hell schien, hatte ihn geweckt, und weil er fühlen mochte, daß er nicht wieder einschlasen würde, war er aufgestanden, um sich an eine Arbeit zu machen, die schon seit geraumer Zeit der Erledigung harrte.

Nun war es eine Viertelstunde nach Acht, und er klingelte. Johanna brachte das Frühstückstablett, ans dem, neben der Kreuzzeitung und der Nord­deutschen Allgemeinen, auch noch zwei Briese lagen. Er überflog die Adressen und erkannte an der Handschrift, daß der eine vom Minister war. Aber der andere? Der Poststempel war nicht deutlich zu lesen, und dasSr. Wohl­geboren Herrn Baron von Jnnstetten" bezeugte eine glückliche Unvertrautheit mit den landesüblichen Titulaturen. Dem entsprachen auch die Schristzüge von sehr primitivem Charakter. Aber die Wohnnngsangabe war wieder merk­würdig genau: lV. Keithstraße 1e, zwei Treppen hoch.

Jnnstetten war Beamter genug, um den Brief vonExcellenz" zuerst zu erbrechen.Mein lieber Jnnstetten! Ich freue mich, Ihnen mittheilen zu können, daß Seine Majestät Ihre Ernennung zu unterzeichnen geruht haben und gratulire Ihnen aufrichtig dazu." Jnnstetten war erfreut über die liebens­würdigen Zeilen des Ministers, fast mehr als über die Ernennung selbst. Denn was das Höherhinaufklimmen auf der Leiter anging, so war er seit dem Morgen in Kessin, wo Crampas mit einem Blick, den er immer vor Augen hatte, Abschied von ihm genommen, etwas kritisch gegen derlei Dinge geworden. Er maß seitdem mit anderem Maße, sah Alles anders an. Auszeichnung, was war es am Ende? Mehr als einmal hatte er, während der ihm immer freud­loser dahin fließenden Tage, einer halb vergessenen Ministerialanekdote aus den Zeiten des älteren Ladenberg her, gedenken müssen, der, als er nach langem Warten den rothen Adlerorden empfing, ihn wüthend und mit dem Ausrufe bei Seite warf:Da liege, bis du schwarz wirst." Wahrscheinlich war er dann hinterher auchschwarz" geworden, aber um viele Tage zu spät und sicherlich ohne rechte Befriedigung für den Empfänger. Alles, was uns Freude machen soll, ist an Zeit und Umstände gebunden, und was uns heute noch beglückt, ist morgen werthlos. Jnnstetten empfand das tief, und so gewiß ihm an Ehren und Gunstbezeugungen von oberster Stelle her lag, wenigstens gelegen hatte, so gewiß stand ihm jetzt fest, es käme bei dem glänzenden