Der Tod des Patroklos.
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Menelaos entdeckt Antilochos. Homer hält auch diesen Moment der vorwärtsdringenden höchsten Noth in verweilender Ruhe sest.
Und Menelaos schaute rings umher
Wie ein Adler, der vor allen Vögeln
Scharfen Blicks ist. Ihm, so hoch ihn sein Flieg trügt,
Bleibt der Hase versteckt nicht, der in die Blätter Dicht auf den Boden unten sich duckt: er stößt Auf ihn nieder und hat ihn: also wandten Rund umher, Menelaos, deine strahlenden Blicke sich und am linken Flügel der Schlacht Sahst du Antilochos, wie er seine Genossen Neu für den Kamps entflammte.
Nestor's jugendlicher Sohn also wird von Menelaos herbeigerufen. Selbst erfährt Antilochos jetzt erst, daß Patroklos fiel. Homer will in Antilochos den Sohn im dienenden Verhältnisse zum Vater und zu den im Range oder Alter ihn Ueberragenden hinstellen. Antilochos ordnet sich unter. Er empfängt Aufträge. Nestor, als er in der Odyssee später der vor Troja gefallenen Jünglinge gedenkt, sagt, keiner erinnere ihn so sehr an Telemachos als Antilochos. Homer läßt in Telemachos den früh hingesunkenen Antilochos als poetischen Typus noch einmal aufstehen. Alle in beiden Gedichten zerstreut liegenden, ihn erwähnenden Stellen schließen sich zu einem festumrissenen Bilde des jung dahingerasften Heldensohnes zusammen. Noch im letzten Buche der Odyssee wird Antilochos genannt als der, den Achill nach dem Tode des Patroklos vor allen andern Griechen liebte. Deshalb wählte Mas ihn, Achill die furchtbare Nachricht jetzt zu überbringen.
Zu den Schiffen also macht Antilochos sich auf den Weg. Menelaos aber kommt nun der Gedanke, Achill, auch wenn er den Leichnam retten wollte, würde das nicht vermögen, weil er waffenlos sei —: Patroklos muß ohne Achill gerettet werden. Damit schließt der siebzehnte Gesang. —
Nur mit Tonstücken Beethoven's, wenn der Abschluß in immer höher sich erhebenden Sätzen steigernd sich verzögert, wenn der Componist in immer erhabenerer Wiederholung des Themas sich gleichsam nicht beruhigen kann, wüßte ich das Ausklingen des Gesanges zu vergleichen. Fünf Bilder läßt der Dichter auf einander folgen, um darzustellen, wie die flüchtenden Griechen Patroklos Leiche mit sich führen.
Und sie hüben den Todten von der Erde Hoch und gewaltig gestreckt, und hinten jauchzte das Troische Volk laut auf, als sie ihn erblickten:
Und wie Hunde eilte es ihnen nach,
Die den verwundeten Eber vor sich haben.
Anfangs stürmen sie los, ihn zu zerfleischen;
Aber wenn er, auf seine Stärke trotzend,
Kehrt macht, fahren sie furchtsam auseinander:
So nun stürmten die Troer in Hellen Haufen Mit zweischneidigen Lanzen und Schwertern vor:
Doch wenn die beiden Aias um sich wandten,
Standen sie und erblaßten, und Keiner wagte,
Näher tretend, die Leiche anzngreifen.