Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

Also trugen sie aus dem Schlachtgewühl Zu den Schissen den Todten. Doch es tobte Dicht im Rücken der Kamps. Wie Feuer ausflammt,

Das in Städten entbrennt. Es werden der Häuser Immer weniger in dem wachsenden Gluthmeer;

Und der Wind bläst hinein: so folgte der Krieger,

Und der Pferde unablässiger Sturm Ihnen, die vorwärts schritten.

Doch die gingen

Wie Maulesel im steinigen Waldgebirge,

Große Balken oder gewaltiges Schiffsholz Niederschleppen in ruhiger Kraft, und es rinnt Schweiß von den ermüdeten Thieren nieder,

Also trugen den Todten sie schrittweis weiter.

Aber im Rücken wehrten die gewaltigen Ajax beide die Troer ab: so hält,

Vom Gefilde quer hinüber gestreckt,

Der mit Wald bedeckte Hügel der Hohe Wild andrängende Wässer auf: er hemmt sie,

Daß sie rechts und links in die Tiefe fließen,

Denn sie durchbrechen ihn nicht, so sehr sie wüthen.

Also hemmten die Ajax beide den fruchtlosen Sturm der Troer; die aber folgten ihnen.

Zweie voran: Aeneas, des Anchises

Sohn, und des Priamos Sohn, der strahlende Hektar.

Gleich einer Wolke von Staaren oder Dohlen,

Die mit Hellem Geschrei auseinander stieben Wenn sie den Falken ersehn, der kleinem Gevögel Droht mit Mord, so flog der Griechen Schwarm Unter Aeneas' und unter Hektor's Ansturm Schreiend wild auseinander, Widerstandes Nicht mehr gedenkend. Schöne griechische Waffen Lagen am Boden vor und über dem Graben Und es neigte die Flucht sich zur Vernichtung.

Die Vergleiche des siebzehnten Gesanges sind von großer Schönheit. Wieder kommt mir die technische Behandlung Rembrandt's in den Sinn, der unter allen Künstlern am meisten die Kraft besaß, mit wenigen Strichen die Phantasie so zu erregen, daß sie fein ausgeführte Gemälde vor sich zu haben glaubt. Lassen wir sie von Anfang bis zu Ende in der Erinnerung eine einzige Reihe bilden, wie in einem Bilderbuche etwa, das man durchblättert, so gewinnen sie inneren Zusammenhang für sich, bilden durch die Gleichartigkeit der An­schauungen eine Kette, eine für sich bestehende geistige Ornamentation des Textes. Mir scheint, als seien die Vergleiche des siebzehnten Gesanges diesem mit besonderer Kunst eingeflochten, weil der Dichter in ihrem Gebrauche allmälig ganz sicher geworden war.

Homer's Bestreben, in den Vergleichen das Leben seines Volkes und die Natur des griechischen Landes und Heeres zu schildern, entspringt seinem Ver­langen, der Generation, für die er dichtete, ganz modern zu erscheinen. Nur dann wird ein Dichter seinen Zuhörern die Vergangenheit ihnen zu Danke verherrlichen, wenn sie niemals das Gefühl der Gegenwart verlieren, in der