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Deutsche Rundschau.
Wurde am 15. Mai ein eigenes Fest, das der Allerheiligen von Lerina, gefeiert. Um das Jahr 690 zählte das Kloster über 3700 Mönche. Wie mögen sie nur alte Platz gefunden haben auf der kleinen Insel, die nur tausend Schritte lang und vierhundert Schritte breit ist! Dieses rasche Aufblühen trug die Keime des Verfalles in sich; die asketische Lebensweise schwand immer mehr. — Zur Zeit, da der heilige Caesarius dem Kloster als Mönch angehörte, waren die Ordensregeln äußerst streng. Jeder Mönch bewohnte getrennt seine Zelle: es gab weder ein Schlasgemach noch eine Küche. St. Caesarius ernährte sich von Kräutern und von Brühen, die er sich am Sonntag für den Bedarf der ganzen Woche kochte. Das änderte sich später, und schon zu Ende des siebenten Jahrhunderts mußten, wie der Abt Disdier erzählt, die Päpste eingreifen, um der Zügellosigkeit der Sitten unter den Mönchen zu steuern. — Der heilige Aigulf, hieher gesandt, um strenge Zucht im Kloster einzuführen und die Mönche zu besserem Lebenswandel zu bekehren, wurde von ihnen verstümmelt und Seeräubern übergeben. — Dann aber kamen die Saracenen. Sie plünderten im Jahre 732 das Kloster und mordeten alle seine Bewohner. Nur St. Elentherius blieb am Leben, verborgen in einem unzugänglichen Felsenspalt, in dem er acht Tage lang von Wurzeln und Seethieren sich nährte. Das Kloster blühte noch mehrfach aus, doch die alte Sicherheit und Ruhe waren von der Insel geschwunden, so daß der Abt Adalbert im Jahre 1088 einen starken viereckigen Thurm erbauen ließ, der vom Strande aus gegen Afrika schaute und dauernd das Meer überwachte. Der Thurm war geräumig genug, um alle Mönche aufzunehmen; sie konnten die Klosterschätze darin bergen, dort auch sich wirksam gegen die alten Feinde, Seeräuber und Saracenen, vertheidigen. So kam es, daß das Kloster nicht nur sortbestehen, sondern auch glänzende Zeiten erleben konnte; es hatte noch manchen geistig hochstehenden Abt aufzuweisen. Im sechzehnten Jahrhundert rühmte es sich eines der reichsten Sanctuarien, und seine Bibliothek war weit berühmt. Es verfiel endgültig erst um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Im Jahre 1788 wurde es säcularisirt und im Jahre 1791 versteigert. Es ging, eigen genug, zunächst in den Besitz einer berühmten Schauspielerin der Oouiaäis t'rautzams, der Sainval, über.
Die Nachbarinsel von Lerina hieß bei den Römern Lero. Ein Heroentempel soll sie geschmückt haben. Den Namen St. Margusrite, den sie setzt führt, sucht eine Sage mit dem Namen der Schwester des heiligen Honoratus zu verknüpfen. Von Sehnsucht getrieben, so wird erzählt, kam Margarethe nach Lärina und siel dem Bruder zu Füßen. Die Ordensregel schloß die Anwesenheit von Frauen auf Lerina aus. Daher St. Honoratus die Schwester nach der Insel Lero brachte, wo sie als Aebtissin verblieb. Margarethe nahm unter einem blühenden Kirschbaum von dem Bruder Abschied, und er mußte ihr versprechen, daß er sie besuchen würde, so oft dieser Kirschbaum blühe. Die Heilige erwirkte dann durch ihr Gebet, daß der Kirschbaum allmonatlich in Elüthenschmuck prangte.
Von der Vigie de Pehssarin waren unsere Augen noch immer auf die Leninschen Inseln gerichtet. Friedlich lagen sie jetzt da in der ruhigen See,