Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

(Oauttüsria proeumbans) gewonnen wird, und das jetzt vollständig durch künstlich erzeugten Salicylsäure-Methyläther ersetzt ist. Nur unvollkommen gelang es hingegen bis jetzt, das in der Parfümerie vielbenutzte Bittermandelöl durch das künstliche Benzaldehyd zu verdrängen. Sehr großen Erfolg hat die Chemie mit dem Vanillin erzielt, das aus dem Saft des jungen, noch in Ent­wicklung begriffenen Holzes der Nadelbäume (Coniferen) und auch aus dem im Nelkenöl enthaltenen Eugenol dargestellt wird. Da die Früchte der Vanille im besten Falle anderthalb bis zwei Procent Vanillin enthalten, so ist mit zwanzig bis fünfundzwanzig Gramm Vanillin in der Parfümerie reichlich der­selbe Effect wie mit einem Kilo Vanille zu erreichen. Aehnlich beginnt jetzt an Stelle des Heliotropins das Piperonal zu treten. Es wird durch ein um­ständliches Verfahren aus dem Piperin dargestellt, einem Alkaloid, das be­sonders im Weißen Pfeffer vorkommt. Da aus den Blütchen des Heliotrops (lletiotroxium peruvianum und granüillorum) nur äußerst wenig Parfüm sich gewinnen läßt, so ist dieser Ersatz sehr willkommen. Allgemein kommt jetzt auch krystallinisches Thymol, das aber nicht aus dem Thymian, sondern aus dem Samen des ostindischen Doldengewächses llt^eüotis ^jovan abdestillirt Wird, zur Verwendung, desgleichen Menthol, welches zwar in der eigentlichen Parfümerie keine Rolle spielt, doch zur Darstellung von Migränestiften und auch von Schnupfpulver dient. Endlich sind ganz neuerdings aus der soge­nannten Veilchenwurzel, d. h. aus dem Wurzelstock von Irw tiorentiua, zwei Körper: das Iron und ckonon gewonnen worden, deren Aroma mit demjenigen der Veilchenblüthen fast völlig übereinstimmt. Der Duft, den diese Körper verbreiten, ist so stark, daß es genügt, ein Proberöhrchen, welches dieselben enthält, zu öffnen, um ein ganzes Zimmer mit Veilchenduft zu erfüllen. Merkwürdiger Weise riechen diese Körper nicht zu allen Zeiten gleich stark, und ähnliche Schwankungen im Duft sind für die frischen Veilchen ebenfalls bekannt. Auch den Moschus, der von den männlichen Moschusthieren stammt, hat man versucht, durch das künstlich erzeugte Nuse Laur oder Nonguinol zu ersetzen, doch steht letzteres im Aroma entschieden dem natürlichen nach.

Sehr werthvolle Parfüms werden uns auch aus wärmeren Himmels­strichen zugeführt, so von Alters her die Balsame und in neuerer Zeit das Mang-Mang, welches aus den Blütchen eines zu den Anonaceen gehörenden, in Südasien cultivirten Baumes, Oanaugs ociorata, gewonnen Wird. Der Hauptsache nach bleibt es aber Südeuropa, dem die Parfümisten ihre besten Wohlgerüche verdanken. Die meisten pflanzlichen Parfüms werden als ätherische Oele gewonnen, Oele, die im Gegensatz zu den fetten Oelen flüchtig find und auf Papier einen durchscheinenden Fleck bilden, der bald wieder schwindet. Aetherische Oele werden von den Thieren nicht erzeugt. Bei den Pflanzen sind es ganz vornehmlich die Blütchen, welche den Riechstoff enthalten. Dort wirken ja Wohlgeruch und Farbe zusammen, um jene Thiere anzulocken, die den Blüthenstaub von Blüthe zu Blüthe übertragen sollen. Doch kann die duftende Substanz auch in der Wurzel der Pflanze angesammelt sein, so das Oppoponax, ein Gummiharz des kleinasiatischen Doldengewächses Opoxonax Oüiromum, oder es ist in dem Wurzelstock der Pflanze vertreten,