Heft 
(1894) 82
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Botanische Streifzüge an der Riviera.

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so bei derVeilchenwurzel" und dem Vetiver, das als Wurzelstock zu dem ostindischen Grase Xu<lropo«on murieatu8 gehört. Auch das Holz der Stämme kann mit Parfüm beladen sein, so das Holz der balsamliefernden Bäume, oder das des ostindischen Santalbaumes (8anta1um album). Die Stammrinde führt das Parfüm beim Zimmtbaum (Oinnamomum eeMnienm). In anderen Fällen sind es wieder die Blätter, die am stärksten duften, so bei unserer Pseffermünze (Nantlm xixerita) oder Melisse (NeliMa oküeimllw) und dem indisch-malayischen Patchuli (?o«o8t6mou?atelull^); endlich können auch Früchte und Samen den Riechstoff enthalten, so bei der Vanille oder dem Kümmel.

XII.

Wir hatten uns mit den nöthigen Empfehlungen versehen und durften einige der größten Parfümfabriken von Grasse besichtigen. Das angewandte Ver­fahren blieb in der Hauptsache überall dasselbe. Ist der wohlriechende Stoff in bedeutender Menge in einem Pstanzentheil vertreten und in größeren Drüsen dort eingeschlossen, so kann er durch Auspressen befreit werden. In anderen Fällen wird er durch Destillation aus den Pflanzentheilen gewonnen, voraus­gesetzt freilich, daß er bei der Erwärmung nicht leidet. Wo er in sehr ge­ringen Mengen vorhanden ist, Wird er von warmen oder kalten Fetten, in denen er löslich ist, ausgenommen und dann mit Alkohol denselben entzogen.

Als wir in Grasse eintrafen, ging dort die Veilchenernte zu Ende, wahrend die Jonqnillen in voller Blüthe standen. Die Veilchen enthalten nur Spuren des wohlriechenden Stoffes, so wenig, daß man auf die Behandlung der Blüthm mit Fett angewiesen ist. Im Allgemeinen wird dabei das Macerationsverfahren angewandt. Das Fett muß sehr rein sein, und wir konnten feststellen, daß die Fabriken selbst es aus frisch geschlachteten Thieren gewinnen. Dann wird es geschmolzen und durch entsprechende Behandlung mit Kochsalz und Alaun, durch Waschen, Abschäumen und Seihen durch seine Leinwand gereinigt. So nur bleibt es geruchlos und gewinnt eine Haltbarkeit, die man oft durch Zusatz von Benzoe, auch Wohl von Borsäure zu erhöhen sucht. Für Salben kommen auch feine Oele, besonders Olivenöl und Mandelöl, seltener Ricinusöl, in Betracht.

Die Veilchen, die für die Parfümfabrik bestimmt sind, dürfen nicht naß sein, Wenn man sie sammelt. Diese Regel gilt auch für alle anderen Pflanzen, die mit Fett behandelt werden sollen. Man pflückt die Veilchen früh am Morgen, sobald der Than verschwunden ist, bevor die Sonne Zeit hatte, stärker einzuwirken. Gleich nach dem Einsammeln gelangen sie in die Fabrik und werden in erwärmtes Fett geschüttet, das man flüssig erhält bei 4050 Grad Celsius. Nach einer entsprechend langen Einwirkung siltrirt man es von den Veilchen ab und versetzt es mit frischen Blumen. Das wiederholt man so lange, bis das Fett mit Veilchenduft gesättigt ist. So erhält man Veilchen­pomade, deren Geruch völlig dem der Veilchen gleicht, und der man den duftenden Stoff durch Weingeist oder durch sehr gut gereinigten, geruchlosen Kornbranntwein entzieht, mit dem man sie schüttelt. Da sehr große Mengen Veilchen nöthig sind, um eine stark riechende Essenz zu gewinnen, so hat man