Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

von jeher schon nach einem Ersatz sür Veilchen gesucht. Daher dieVeilchen­wurz" statt Veilchen in Sachets so allgemeine Verwendung findet. Geschälte und getrocknete Stücke des nämlichen Wurzelstockes von Iris wurden auch, wie Plinius erzählt, schon zu römischen Zeiten den zahnenden Kindern um den Hals gehängt, so wie es noch heute geschieht.

Der stark duftenden gelben Jonquille (Mrei88U8 ckonquiüa) wird das Arom ebenfalls durch Fett entzogen, doch in anderer Weise, nach einem Ver­fahren, das man alsEnfleurage" bezeichnet. Wir fanden ganze Räume in den Fabriken mit aufeinander gelagerten viereckigen Holzrahmen erfüllt. In jeden derselben ist eine Glasscheibe gefaßt, die einseitig mit Fett überzogen wird, doch so, daß es nur eine ganz dünne Schicht aus dem Glase bildet. Aus dieses Fett legt man die Jonquillen und läßt sie so lange mit ihm in Berührung, bis aller Dust extrahirt ist. Das dichte Zusammenschließen der aufeinander gelegten Rahmen verhindert ein Entweichen desselben in die Um­gebung. Die Blüthen werden auch hier wiederholt erneuert, bis schließlich die Pomade fertig ist, aus der man dann mit Weingeist den Jonquillen- Extract herstellt.

Da die Jonquillen nicht in größeren Mengen bei Graste angepflanzt werden, stockte die Arbeit mit frischen Blumen zur Zeit in den Fabriken. Die Orangenblüthen, die Rosen, Heliotrop und Reseda kommen erst im Mai, daher man jetzt das Santalholz in Angriff genommen hatte. Wir sahen große Massen dieses kostbaren braunen Holzes in den Lagerräumen aufgespeichert. Es steht hoch im Preise, denn auch in seiner ostindischen Heimath wird es sehr geschätzt. Man verfertigt dort kunstvoll geschnitzte Möbel, vor Allem aber Schreine aus Santalholz. Denn sein Duft hält die Insekten fern und verscheucht selbst die Weiße, Alles zerstörende Ameise. Die Buddhisten ver­brennen große Mengen Santalholz als Räucherwerk, und stellenweise sind die Santalbäume in Folge dessen ganz ausgerottet worden. In den Fabriken wird das Santalöl durch die Destillation des zerkleinerten Holzes mit Wasser ge­wonnen. Das Oel geht mit dem Wasserdamps aus der Blase des Destillations­apparates in den Kühler über und stießt mit dem Wasser zusammen in die Vorlage. Aus fünfzig Kilogramm Holz wird annähernd ein Kilogramm Oel gewonnen, das dementsprechend theuer ist und nur sür seine Parfüms Ver­wendung findet.

Im Mai füllen Orangenblüthen die Stadt Graste mit ihrem betäubenden Dufte. Zwei bis dreimal hunderttausend Kilogramm Blüthen des bitter- srüchtigen Orangenbaumes werden hier sür Parfüms verarbeitet. Die Blüthen riechen lieblicher und stärker als die der süßsrüchtigen Art und werden daher fast ausschließlich verwandt. Ein Baum von zwanzig bis dreißig Jahren liefert fünfzehn bis zwanzig Kilogramm Blüthen. Aus hundert Kilogramm werden durch Destillation etwa vierzig Kilogramm Orangenblüthenwasser und etwa hundert Gramm Orangenblüthenöl oder Neroliöl gewonnen. Völlig unverändert gibt die Orangenblüthe bei dem Macerationsverfahren oder bei der Enfleurage ihren Duft an Fett ab. So erhält man die Orangenblüthen- pomade und, nach Behandlung derselben mit Weingeist, die Orangenblüthen-