Botanische Streifzüge an der Riviera.
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an den Abhängen des Esterel gesammelt. Der Wind blies in unserer Richtung und bildete einen Streisen von Dust, der sich über Hunderte von Schritten ausdehnte. Diese wild gewachsenen Pflanzen werden zwar auch vorwiegend in den Fabriken verarbeitet, zum Theil aber schon im Freien, gleich beim Einsammeln destillirt, in Apparaten, die man von Ort zu Ort befördert. Viel Rosmarinöl wandert von hier aus nach Köln, um bei der Darstellung von Kölnischem Wasser verwendet zu werden. Das blau cts Oologns enthält gelöst in 850/0 Weinspiritus gleiche Mengen gepreßtes Orangen- und Citronen- schalenöl, säst ebenso viel Neroliöl, dann etwa halb so viel Bergamottöl, endlich, nochmals um die Hälfte weniger, Rosmarinöl. Man wird freilich nicht sofort gutes Kölnisches Wasser erhalten, auch dann nicht, wenn man nach bester Vorschrift die feinsten Oele in vorzüglichem Weinspiritus auflöst. Der Schmelz des Duftes stellt sich erst nach längerer Zeit ein. Practische Erfahrungen hatte man in dieser Richtung schon lange gesammelt, in wissenschaftliche Erörterung wurde die Wirkung der Lagerung erst in den letzten Zeiten gezogen. Am Einfachsten zeigt sie sich zum Beispiel bei einem Schenkbranntwein, der durch Verdünnung von achtzigprocentigem Spiritus auf dreißigprocentigen gewonnen wurde. Solcher Schenkbranntwein, frisch dargestellt, mundet dem Trinkenden nicht, selbst wenn dieser nicht zu den größten Feinschmeckern gehört. Auch der Schenkbranntwein muß erst gelagert haben. Daß der Wein durch Lagerung seine „Blume" erhält, ist allgemein bekannt. Es findet also sicher bei der Lagerung eine gegenseitige chemische Einwirkung der gelösten Bestand- theile auf einander statt, und es müssen neue Verbindungen entstehen. Ihre Bildung erfordert völlige Ruhe und kann durch anhaltende Bewegung verhindert werden, ja es kommt vor, daß schon erzeugte Verbindungen dadurch vorübergehend oder dauernd wieder zerstört werden. Nach der Ansicht von Prof. Knapp schließen diese Vorgänge an solche an, welche die organische Chemie als Addition, Substitution, Spaltung und dergleichen bezeichnet. Es müssen somit auch in gemischten Parfüms durch Lagerung erst diejenigen Verbindungen entstehen, welche das erwünschte Zusammenwirken der einzelnen Düfte bedingen. Der Ursprung des Kölnischen Wassers ist etwas fraglich; meist wird seine Erfindung Johann Maria Farina, einem Italiener aus Sancta Maria Maggiore bei Domo d'Ossola, zugeschrieben, der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Köln einen Handel mit Parfüms und Colonial- waaren betrieb. Erst gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts gelangte das Kölnische Wasser zu allgemeiner Verbreitung und verdrängte das „Rau äs ln reine cke Honoris" oder Ungarwasser, welches ähnlich zusammengesetzt war, aber auch Rosenöl, Citronenöl, Citronellaöl und eine Spur Psesfermünzöl enthielt.
Bei unseren Wanderungen um Grasse sind wir Jasminpflanzungen am Häufigsten begegnet. Das zeigt, welche hohe Bedeutung dieser Pflanze für die dortigen Parfümfabriken zukommt. Meist waren die Jasminfelder an südlichen Abhängen terrassenförmig angelegt. Die gegen zwei Meter hohen, reich verzweigten, mit zusammengesetzten, immergrünen Blättern bedeckten Sträucher hatten auch vereinzelte Blüthen aufzuweisen und ließen sich als die aus Ost-