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Deutsche Rundschau.
Optimismus ließ er sich auch durch die rasch sich folgenden Unternehmungen Katte's, Dörnberg's, Schill's noch nicht erschüttern. In ihrer Vereinzelung und von der Bevölkerung schwach unterstützt, blieben sie ohne Bedeutung, der Gang des Krieges in Oesterreich hat auch den Unruhen im nördlichen Deutschland ein Ende gemacht; für jetzt behielt der Gesandte Recht, der in diesen Bewegungen keine ernstliche Gefahr erblickte.
Die Dörnberg'sche Verschwörung, die nur durch die Entdeckung eines anderen deutschen Ofsiciers noch rechtzeitig vereitelt wurde, hatte im ersten Augenblick doch einen ungemeinen Schrecken verursacht. In einer Reihe von Depeschen schilderte Reinhard ausführlich den Gang des aufregenden Ereignisses, um daran sofort Mahnungen zur Milde zu knüpfen; er warnte, den Argwohn zu übertreiben, und unter den Unterthanen des Königs einen Unterschied der Nationalität zu machen. Dem König selbst stellte er vor, gerade das Gefühl der Unterthanentreue, das die Ursache des Aufstandes sei, werde mit der Zeit ihm selbst zu Statten kommen. Auch Harnier kommt auf diese Stunden der Bestürzung zu reden, da die Franzosen in der Ungewißheit der Dinge ins- gesammt um ihr Loos besorgt waren. Reinhard war für seine Person entschlossen, an der Seite des Königs zu bleiben, aber er fürchtete für seine Familie; und da er seinen Hausarzt, nach dessen Ansichten und Aeußernngen, für einen Eingeweihten der Verschwörung halten mußte, sprach er für den Fall ernster Bedrohung dessen besondere Sorgfalt und Theilnahme für die Seinigen an. Schon der folgende Tag zerstreute die Besorgnisse oder sah, wie Harnier sich ausdrückt, den Aufstand „zugleich mit mancher jungen Hoffnung erlöschen". „Zu offen und bündig" — fährt er fort — „hatten wir jedoch in jenen ergreifenden Stunden uns gegenseitig über Vieles ausgesprochen, was damals die Brust mit Zorn und Wehmnth erfüllte, um gern und leicht uns wieder in das Verstummen amtlicher Verschlossenheit zurücksinken zu lassen, und ich durfte von nun an naher, oft mitwissender Zeuge des edlen Strebens bleiben, mit welchem Reinhard seine hohe Stellung, soweit deren besondere Pflichten und Vorschriften es erlaubten, in allen Richtungen zum Schutze deutscher Art und Wissenschaft, mitunter auch deutscher Fürstengeschlechter, geltend zu machen suchte gegen die theils berechneten, theils muthwilligen Angriffe der ausländischen Emporkömmlinge."
Eben in diesen Tagen hatten Reinhards mit Johannes von Müller die geplante Reise nach Göttingen ausführen wollen. Villers freilich hatte sein Kommen abgesagt und dafür seine neueste Schrift geschickt, eine fleißige Ueber- sicht dessen, was in den letzten drei Jahren Deutschland in den Fächern der alten Literatur und deutschen Geschichte geleistet hatte H. Auch die Hoffnung auf ein Zusammensein mit Goethe hatte Reinhard zu seinem Schmerz aufgeben müssen. Der Ernst der Zeit drängte alle Reisepläne zurück. Niemand war von ihrem Scheitern schmerzlicher berührt als Frau Christine, die sich daraus gefreut hatte, wieder einmal den Geburtstag der Mutter (14. April) im Elternhaus mitzuseiern, und schwer von dieser Hoffnung sich trennte. Um so willkommenem
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