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Deutsche Rundschau.
nach Weimar zurückgekehrt. Während des Feldzugs waren durch den Freiherrn von Ziegesar, der mehrmals zwischen Weimar und Jerome's Hauptquartier hin- und hergeschickt Worden War, Nachrichten zwischen beiden Freunden ausgetauscht worden. In Weimar angekommen, hatte der Gesandte zuerst seine amtlichen Depeschen zu erledigen, sür den nächsten Tag kündigte er seinen Besuch bei Goethe an: „Ich habe nun, da ich in Ihrer Nähe bin, das Ziel erreicht, das mich sür diese excentrische Reise entschädigen soll." Goethe Wartete den Besuch nicht ab, sondern eilte am folgenden Morgen (14. Juli) zu Reinhard. Mittags speisten Reinhard und sein College, der württembergische Gesandte Freiherr von Gemmingen im Goethe'schen Hause. Nichts War jetzt unerwünschter als die überraschende Nachricht, daß auch Jerome in Weimar eintresfen werde. Reinhard brachte noch den folgenden Vormittag bei Goethe zu, der als Gegenstände des Gesprächs die politische Lage, Reinhard's persönliche Stellung, Johannes Müller's Ende und dessen Ursachen, den Stand der wissenschaftlichen Anstalten im Königreich Westfalen bezeichnet ^). Nach dem Essen, an dem auch Gemmingen wieder Theil nahm, reisten die Gesandten schleunig ab. Jerome warum zwölf Uhr wirklich eingetroffen. Der Besuch, der so rasch abgebrochen werden mußte, hatte „die Begierde mehr gereizt als befriedigt". Nach Cassel zurückgekehrt, schrieb Reinhard an Goethe, am 18. August:
„Ich habe die zwei schönen Tage, die ich Ihnen danke, nicht vergessen, aber es ist mir unmöglich gewesen, bis setzt Ihnen zu schreiben. Ich hatte so viele andere, zum Theil nicht angenehme Geschäfte, daß ich an nichts Freies und Außerdienstliches denken konnte. Wann die Farbenlehre? Wann der Roman? Wann ein Brief von Ihnen? Daß ich Sie tief und innig verehre und liebe, wissen Sie, und es ist fürs Leben."
Im nächsten Briefe, vom 23. August, äußert er gegen Goethe den Wunsch, daß die Weimarische Truppe sür einige Zeit in Cassel gastiren möge, wo das deutsche Schauspiel aufgehoben und durch ein französisches Ballet ersetzt worden war. Goethe hat diesen Wunsch nicht erfüllen können. Aber daß der französische Gesandte bemüht war, der deutschen Stadt ein deutsches Schauspiel zu verschaffen und die Früchte von Goethe's und Schiller's dramaturgischen Bestrebungen zuzuwenden, das ist auch eine von jenen merkwürdigen Launen des Schicksals, die sich an Reinhard's Doppelstellung knüpften.
Die unangenehmen Geschäfte, die Reinhard nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt erwarteten, bestanden zunächst darin, daß er vom Kaiser beauftragt Wurde, dem König oder vielmehr dessen Räthen und Generälen sein höchstes Mißfallen über den kopflosen Feldzug auszudrücken. Auch die Begleitung des diplomatischen Corps „bei einer Armee, wo der Kaiser nur Soldaten haben will", war ausdrücklich getadelt. Reinhard kam seinem Aufträge nach und ging mit dem Grasen von Fürstenstein und dem General Albignac scharf ins Gericht, diese aber verschanzten sich hinter dem König, und Reinhard mußte am 9. August seinem Minister schreiben, Helsen werde der Tadel Wenig, da zuletzt alles vom Willen des Königs abhänge, „der stark und un-
*) Goethe's Tagebücher, Bd. IV, S. 43. In dem Bericht der Annalen wird der württembergische Gesandte irrthümlich Wangenheim genannt.