Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

nordöstlichen Grenze der erweiterten Colonie. Auch erkannten die Behörden, daß durch die Wanderungen, denen sie sich Ansangs so widersetzt hatten, die Mittel der Colonie vergrößert würden; sie verliehen daher widerrufbare Er- laubnißscheine zu zeitweiligem Anbau.

Die Erschließung des Erdtheils hatte mittlerweile säst gar keine ForU schritte gemacht; nur durch Besiedelung und Krieg und zum mindesten Theil durch Entdeckungsreisen ist die Kenntniß Südafrika's allmälig erweitert worden. Oesters weilten Astronomen am Cap wie Caillard, Herschel und Maclöar, und Naturforscher wie Sparrmann. Bis in das neunzehnte Jahrhundert hinein war indeß kein Punkt bekannt, der mehr als 530 Kilometer von der Küste ab­gelegen hätte. Der Oranje, dessen Mündung schon Diaz gesehen, wurde erst 1760 durch Coetsee wieder entdeckt; vereinzelte Glaubensboten wagten sich dann über den Fluß hinaus bis zu den Betschuanen, deren Hauptstadt Lattako hieß. In Natal hatte die Ostindische Compagnie Land von den Eingeborenen gekauft und eine Handelsstation errichtet, jedoch mit ebenso wenig Erfolg wie ein halbes Jahrhundert später die Oesterreicher, die ebenfalls fünf Jahre dort eine Niederlassung unterhielten. An der Delagoabai hatte schon 1544 Lorenzo Marques eine nach ihm benannte Factorei angelegt, ohne daß erheblicher Gewinn daraus entstanden wäre. Der Hauptstützpunkt der Portugiesen an der Ostküste war nunmehr Mocambique, das mit seinen 60000 Einwohnern auch jetzt noch eine beträchtliche Bedeutung für den Handel bewahrt hat. Die Ver­waltung war und ist noch eine erbärmliche. Die Statthalter wurden nicht aus landeserfahrenen Männern, sondern aus Günstlingen des Mutterlandes gewählt und trachteten, genau wie die Statthalter am Cap, lediglich danach, sich zu bereichern. Immerhin ward wenigstens für die Erschließung des Innern Einiges gethan. Das Reich von Monomotapa hatte man allerdings wieder ausgeben müssen, aber die friedlichen Karawanenstraßen führten jetzt viel weiter. Im Anfänge unseres Jahrhunderts haben zweimal portugiesische Halbblut­händler (Pombeiros) von Angola an der Westküste bis zur Sambesimündung den Erdtheil durchquert. Die Hauptausfuhr war Elfenbein, Gold und Sklaven ; in Angola und noch mehr in der Provinz Mocambique waren Haupthandels­plätze für den amerikanischen Sklavenmarkt.

Im Capland überstieg 1780 die Zahl der Bevölkerung bereits 10 000 Seelen; der Große Fischstuß, 800 Kilometer östlich von Capstadt, bildete die Grenze. In dem genannten Jahre suchte England während eines Krieges mit Holland das Capland zu erobern, eine Ueberrumpelung ward jedoch durch französische Hülfe unter Admiral Sufsren vereitelt, der bei den kapverdischen Inseln der englischen Flotte bedeutenden Schaden verursachte und rechtzeitig dem Caplande 3000 Soldaten zum Schutze zuführte. In Folge des Krieges blieben die Speciesthaler von Holland aus, es ward Papiergeld in Umlauf gesetzt, das aber von der Compagnie nur zum Theil und so lässig eingelöst wurde, daß die Klagen der Siedler gegen die Gesellschaft immer lauter er­schollen. Die Generalstaaten sandten zwei Vertreter, die den Beamten der Gesellschaft als Beirath zur Seite gestellt wurden. Seitdem war es mit der Alleinherrschaft der Ostindischen Compagnie vorbei, nachdem es in der letzten