Heft 
(1894) 82
Seite
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Deutsche Rundschau.

Die Bevölkerung betrug damals 27000 Europäer, 29 000 Sklaven und 18 000 Hottentotten. Während und nach den Napoleonischen Kriegen war die Einwanderung, die längere Zeit geruht hatte, wieder recht lebhaft. Viele französische Familien, zum Theil vornehmen Geschlechtes, flüchteten vor den Stürmen der Revolution nach Südafrika, Skandinavier wanderten ein, deutsche Bauern und Handwerker folgten, namentlich nach dem großen Hungerjahr 1817. Auch diese neuen Elemente sind völlig in der Art der alten Siedler auf­gegangen. Deutscher Ursprung verräth sich heute in blühender Gesichtsfarbe, oft gepaart mit röthlichen Haaren, in blauen, leuchtenden Augen, freundlichem und ansprechendem Wesen und in einer gewissen behaglichen Läßlichkeit, die vielleicht nur der Volksgenosse fühlt. Bei Farmern skandinavischer Abkunst ist neben sehr Heller Hautfarbe eine große Weichheit in der Aussprache wahr­zunehmen.

Die landwirthschastliche Cultur Südafrika's ist durch die Buren begründet worden, die gewerbliche und industrielle hat man den Engländern zu verdanken. Britisches Capital schuf Häfen und Eisenbahnen, Fabriken und Magazine, britische Habsucht erschloß den Reichthum des Landes an Diamanten und Gold, britischer Weltsinn brachte das so lange abseits des großen Verkehrs belegene Land in Verbindung mit dem Welthandel und europäischer Bildung. Ein tiefer Gegensatz zwischen holländischer und britischer Art ist bis heute lebendig geblieben.

Der erste englische Gouverneur nach der zweiten Besitznahme war Baird, dann kam der Graf Caledon. Dieser errichtete eine reitende Post, wie sie jetzt noch in Bulgarien theilweise üblich ist, desgleichen ein höheres Wandel­gericht, das periodisch im Lande herumzieht, um wichtigere Sachen abzu- urtheilen. Auch unterdrückte er einen Sklavenaufstand, der den Siedlern viel zu schaffen machte. Sklavenverkaus und -Einfuhr wurden abgeschafft, die Er- laubnißscheine für Ackerbautreibende in feste Besitzscheine umgewandelt.

Die Hottentotten waren überwältigt; nun stießen die Weißen aber aus die Kasfern, die nicht so leicht zu bezwingen waren. Die Kaffern oder Zulu, das ist die Himmlischen, halten sich für die Söhne des Blitzes und gehören den Bantu's an; ihre ältesten festen Sitze scheinen am unteren Sambesi ge­wesen zu sein, wo sie mit den Portugiesen in Verkehr traten, wie sich denn einzelne portugiesische Worte noch bei den gegenwärtig seit langem von portu­giesischen Besitzungen abgeschlossenen Basuto finden. Um die Wende des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts begannen, vielleicht durch die vom Nordosten drängenden Türken geschoben, die Araber sich von Nordasrika nach dem Sudan auszubreiten und rings die Bantustämme aufzuregen. Dem Druck der Araber folgend, setzten sich die Bantu ihrerseits in Bewegung und wanderten aus Mittelasrika weiter nach Süden. Die eine Welle dieser großen Völkerfluth warf die Herero nach dem Südwesten, dieselben erreichten gegen 1800 den Kunene; die andere drückte seitwärts auf die Zulu im Osten, so daß sie theils, wie die Jao und die Mafitti, von denen das deutsche Schutzgebiet so viel zu leiden hat, nach Norden in das Seeengebiet einbrachen, theils, wie die Piri, die Amazulu, die Swasie und andere Horden, nach dem Süden sich