Heft 
(1894) 82
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Deutsche Rundschau.

Alle die großen Eigenschaften, die sie beim Roden des Caplandes an den Tag gelegt, bewiesen die Buren nun in gesteigertem Maße. Mit gleicher Beharr­lichkeit trotzten sie im wildfremden Lande Unwettern, reißenden Thieren und dem Ansturm feindlicher Eingeborenen, mit nie verzagendem Mnthe erstritten sie unter dem überwältigenden Andrang der Zulustämme die weiten, noch halb wüsten Gebiete Südasrika's. Mit Kind und Kegel, mit Vieh und fahrender Habe zogen sie wie einst die Erzväter oder die germanischen Stämme der Völkerwanderung, auf ihren großen Ochsenwagen langsam und schwerfällig aus ungebahnter Straße einher. Die Wildniß wimmelte noch von reißenden Thieren, dieVoortrekkers" allein sollen zweihundert Löwen erlegt haben.

Zwischen Vaal und Oranje stießen sie auf die Raubscharen der Mata­bele. Am Fuße des Vechtkopp schlugen die Auswanderer ihre Wagenburg auf, und verstärkten sie durch Riemen und Dornbäume. Von den schwarzen Kriegern war die geräumige Ebene weit und breit überdeckt, schauerlich klang der wilde Schlachtruf der sieggewohnten Assegaischwinger; dennoch hielten die tapferen Helden Stand und schlugen, stark verschanzt, den furchtbaren Angriff dreimal zurück; das kleine Häuflein, sechsundzwanzig an der Zahl, verlor nur einen Mann. Nach dem Treffen kehrten zwei, die, vom Schrecken übermannt, geflohen waren, zurück. Alljährlich wird zum Andenken an den glorreichen Tag noch heute am 17. Dezember ein großes Fest gefeiert, zu dem weit und breit von der ganzen Umgegend das Volk zusammenströmt, um an dem erneuerten Ruhm derVoortrekkers", ihrer Ahnen, sich zu erquicken. Allein im Grunde war der Sieg ein Verlust für die Buren gewesen, da ihr Vieh, ihr ganzer Reichthum, dem Feinde in die Hände gefallen war. Das Vieh zurückznerbeuten und den Matabele gründlich die Lust zu weiteren Ueberfällen zu verleiden, machte sich ein reisiger Hause von vierhundert Mann auf, kam unter der Führung eines Gefangenen auf Schleichwegen unbemerkt in die Nähe Mosiga's, der feindlichen Residenz, überfiel dort mitten in seiner Kriegsmacht den nichts­ahnenden Moselikatze, schlug ihn aufs Haupt und verbrannte seinen Kraal. Die Matabele zogen sich über den Limpopo zurück und errichteten dort ein mächtiges Reich, das in ungeschwächter Macht fast sechzig Jahre bestanden hat. Die Buren hingegen, frei der Sorge vor dem schrecklichen Moselikatze, gründeten ihrerseits einen Freistaat am unteren Vaal.

Ein Theil der Auswanderer hatte sich indessen unter Piet Reties nach Natal gewandt, das als Eigenthum Dingaan's betrachtet wurde. Dingaan, der schwächere Sohn des fürchterlichen ^aka, lud die angesehensten der land­suchenden Schar, im Verlauf von Unterhandlungen, die den Kauf Natal's durch die Weißen bezweckten, in seinen Kraal und ließ sie heimtückisch er­morden. Die verschiedenen Lager, die von jenen Plänen keine Ahnung hatten, ließ er zur selben Zeit durch seine wilden Horden angreifen. Eine zweite Niederlage erlitten die Auswanderer bei Weenen (Weinen"). Der Verlust entmuthigte zuerst die Buren, zumal die Engländer ihnen dringend befahlen, wieder in die alten Sitze zurückzukehren. Da legten sie die Sache ihren Frauen vor und diese, als wahre Heldinnen, entschieden, daß man so viel edles Blut von Vätern, Brüdern und Söhnen nicht ungerochen lassen könne. Neue Buren-