Politische Rundschau.
Berlin, Mitte Februar.
Mit tiefer Trauer ist überall, wo die deutsche Zunge klingt, und ebenso auch außerhalb der Grenzen Deutschlands mit inniger Theilnahme die verhängnisvolle Katastrophe vernommen worden, von der das Schiss des „Norddeutschen Lloyd", die „Elbe", betroffen worden ist. Die Hunderte von Menschenleben, die bei diesem beklagenswerthen Unglückssalle zu Grunde gingen, sind allem Anscheine nach das Opfer fremder Leichtfertigkeit geworden. Wie berechtigt auch die pietätvolle Todten- klage ist, muß doch der ernste Versuch geboten erscheinen, nicht bloß die Verantwortlichkeit für die Katastrophe festzustellen, sondern auch nach Möglichkeit in Zukunft der Wiederkehr ähnlicher Vorgänge vorzubeugen. Von diesen Anregungen ließen sich wohl in der Sitzung des Deutschen Reichstages vom 9. Februar diejenigen Abgeordneten leiten, die eine Interpellation in dem Sinne begründeten, ob die Verbündeten Regierungen Maßregeln zu ergreifen beabsichtigten, um den durch den Untergang von Seeschiffen verursachten Verlust von Menschenleben mehr, als dies bisher gelungen ist, zu verhüten. In der Beantwortung dieser Interpellation erklärte der deutsche Reichskanzler, Fürst Hohenlohe, daß die Bemühungen der Verbündeten Regierungen sich vorzugsweise nach drei Richtungen hin bewegen, und zwar in Bezug auf die Sicherstellung der Seetüchtigkeit der Schiffe, die Regelung des internationalen Seestraßenrechtes und die verbesserte Ausrüstung der Seeschiffe mit Rettungsapparaten und Booten. In warm dem Herzen entquellenden Worten lieh Fürst Hohenlohe zugleich der aufrichtigsten Theilnahme Ausdruck, die sich der tzesammten Nation Angesichts des erschütternden Ereignisses bemächtigt hat. Nicht minder wies der deutsche Reichskanzler in ergreifenden Worten darauf hin, daß die Ofsiciere und Mannschaften der „Elbe" unter Leitung des Kapitäns dem Tode in treuem Pflichtgefühle ins Gesicht gesehen und ihre Schuldigkeit bis zum letzten Augenblicke gethan haben. Wie sehr durch solche llnglücksfälle die Menschen einander näher gerückt und von wechselseitiger Theilnahme ergriffen werden, erhellt auch daraus, daß, wie in Frankreich die Presse ihre Gefühle des Mitleids für die Todten und Hinterbliebenen in Folge des Unterganges der „Elbe" kundgab, in Deutschland sogleich sympathische Besorgnisse rege wurden, als das französische Schiff „Gascogne" vermißt wurde. Allgemein war denn auch die Genugthuung, als die „Gascogne" glücklich in den Hafen einlief. Hervorgehoben zu werden verdient in diesem Zusammenhänge die Anerkennung, die in der französischen Presse dem menschenfreundlichen Verhalten des Kaisers Wilhelm II. gezollt wurde, der sein aufrichtiges Interesse für das Schicksal der „Gascogne" an den Tag gelegt hatte. Die nationalen Gegensätze müssen eben hinter dieser rein menschlichen Theilnahme weit zurückstehen.
Durfte die Wahl Felix Faure's, des Marineministers im Cabinet Dupuy, zum Prädenten der französischen Republik als eine Niederlage der Socialisten und der Ultraradicalen angesehen werden, die den Vorsitzenden der Deputirtenkammer,