DıE PARADIESPFORTE
„Große Taten? Ja, Ich weiß die Zeit, da wir sie vor uns sahn!
Da fuhr wohl manchmal einer nach dem Schwert, Und künft’ge Taten drangen wie die Sterne Rings um uns her unzählig aus der Nacht.“
In den Tagen der Jugend träumt der Mensch davon, seine künfti
gen Taten gleich so groß zu tun, wie„Jahre lang durch Länder und Geschlechter der Mund der Dichter sie vermehrend wälzt“, und ungeduldig sieht er sich vom trägen Strom der Zeit fortgetragen. Aber zu bald nur kommen die Jahre ins Stürzen und stellen Forderungen, die zum Träumen keine Zeit mehr geben. Wen sie einmal zur Besinnung kommen lassen, der erkennt mit einem Erschrecken, daß immer noch keine Taten vollbracht sind, die würdig wären, vom Munde der Dichter gewälzt zu werden. Tiefer und tiefer sieht er sich aus der Freiheit, in der die. großen Taten geschehen, hineingezogen in die Verstrickung der kleinen, alltäglichen, ruhmesunwürdigen Pflichten, und dann führt er wohl Klage gegen ein Leben, das ihm zur höchsten Bewährung keine Gelegenheit gab, oder, er sieht die Grenzen seiner Kraft, das eigene Versagen, die eigene Schuld.
Seine Jugend aber, die er um ihrer Enge und Tatenlosigkeit willen schmähte, sieht er nun hinter sich wie das verlorene Paradies. Düstere Wolken hängen ihm zu Häupten, doch über der Jugend leuchtet die Sonne. Zwar blitzt in ihrem Licht auch das Schwert des Cherubs auf. Wenn aber das Heimweh im Auge des Rückschauenden sich steigert, bis es beschwörende Macht gewinnt, dann lächelt der Strenge, senkt das Schwert und gibt die Pforte ins Paradies der Jugend für eine Stunde frei.
Greise, die aus der Verantwortung schon halb entlassen sind, dürfen sich auf seinen Wegen und Steigen hinschlendernd ergehen. Ihnen ist noch Zeit gegeben zum Verweilen bei Dingen, die uns weniger wichtig oder gar läppisch vorkommen wollen. Wer aber nach einer Stunde unerbittlich zurückgerufen wird an
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