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versteckter Orte der Goldhortung gegeben haben. Goldstücke sprechen ja auch zu den Sinnen, zum Gesicht mit ihrem Glanz, zum Gehör mit dem Klang, zum Getast mit der Kühle und Härte ihrer Prägung. Heute verliert sich wachsender Geldbesitz schon an der lächerlichen Fünfmarksgrenze in papierne Unverbürgtheit, und die Zahlen in einem Sparkassenbuch sind abstrakt und lassen die Sinne hungern.
Nomaden bemessen ihren Besitz nach Viehherden; seßhaften Bauern steht der Acker an erster Stelle, so daß sich der alttestamentliche Preis des erzväterlichen Reichtums:„Abraham war sehr reich an Vieh, Silber und Gold“ in Holstein etwa folgendermaßen abwandelt:„Johann-Detlef ist sehr reich an Land, Vieh und barem Geld“, wobei das bare Geld als eine Erscheinung abgeleiteter Art mit Fug am Ende steht.
In den Städten beruht der Reichtum sehr oft auf Dingen, die dem Außenstehenden nicht erkennbar sind. Da er aber eine gewaltige Neigung hat, sich nach außen hin zu bezeugen, oder, härter gesagt: da er der Prahlsucht nicht zu widerstehen vermag, so läßt er sich in der Öffentlichkeit durch seine Attribute vertreten. Wie sinnig kann man feinste Nuancen herausarbeiten durch den Wagen, mit dem man sich zeigt! Welche tiefgreifenden Unterschiede tun sich auf zwischen einem kleinen Opel und einem Horch! Der im Anfang harmlose Firlefanz führt sehr schnell zur Hochstapelei. Man muß durch die ganz beziehungslosen Attribute der Wohlhabenheit vorerst eine Kreditwürdigkeit erweisen, mit deren Hilfe man einmal in den Besitz zu gelangen hofft. Welche Gefahr, sich an Außerlichkeiten zu verlieren!
Eine städtische„Hausangestellte“, die nach zähem Sparen alles zusammengebracht hat, was ihrer Meinung nach die„Dame“ ausmacht, kann bei der ersten Schaustellung ihres Reichtums wohl meinen, all die empörenden Unterschiede endgültig aus der Welt geschafft zu haben.
Aber was würde einem Dienstmädchen in Luhnstedt der ganze Mummenschanz helfen? Im Dorfe kennen wir uns alle viel zu genau; wir wissen in allen Einzelheiten umeinander Bescheid und machen uns darum nicht ohne Not lächerlich. Wenn— wie jedermann weiß— Johann Rohwer 150 Hektar Land besitzt, so hat er es nicht mehr nötig, sich auch noch in der äußeren Herrichtung
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