von seinen Knechten und Tagelöhnern zu unterscheiden. Der blauleinene Kittel entehrt ihn nicht, und der bessere Rock tut seiner Würde nichts hinzu. Mit der unantastbaren Rangordnung, die durch die Besitzverhältnisse festgelegt wird, ist aber eine schöne Gleichberechtigung im menschlichen Bereich sehr wohl vereinbar. Keinem wird sein Recht auf persönlichen Stolz bestritten, auch dem sogenannten„Knecht“ nicht, und stolze, geradblickende Knechte sind auf jeden Fall erfreulicher als schielende„Landwirtschaftsgehilfen“ mit Ressentiment.
Eggert Wittmaack ging am ersten Sonntag nach seiner Konfirmation herablassend lächelnd an einer Jungenansammlung vorüber mit den Worten:„Na, Jungs, hebbt ji de Knechen nich sehn?“ Ihm kam es nicht mehr zu, in der Gesellschaft von Schuljungen zu verweilen; er mußte Seinesgleichen, mußte die Knechte suchen, weil er sich aus dem Schulzwang durchgerungen hatte in die Freiheit des Knechtseins. Wohlgemerkt: Eggert Wittmaack, Sohn eines Bauern, fragte nicht nach den ledigen Bauernsöhnen, konnte so nicht fragen, weil der Begriff des Knechtes Bauernsöhne und Bedienstete gleichermaßen umfaßt, und in der Zugehörigkeit zur Zunft der Knechte eben lag seine neue Würde. Wenn die Söhne der Bauern in ein anderes Dorf gingen, um auf einem fremden Hof„Unterschied zu lernen“, so waren sie denn auch nicht etwa„Eleven“ oder sonst etwas Lächerliches; nein, sie„dienten“. Warum soll Timm Rohwer nicht in Tappendorf dienen? Dort weiß doch auch jedermann, daß sein Vater in Luhnstedt eine Bauernstelle von 150 Hektar hat.
Solche Zustände befriedigen das ästhetische Gefühl, weil der Anblick einer wohlbegründeten Ordnung immer auch schön ist. Freilich lassen sich dagegen auch Einwände machen, und ein eifernder junger Geistlicher ließ sich einmal über seine Erfahrungen im Konfirmationsunterricht etwa folgendermaßen aus: „Wenn diese selbstsicheren Burschen aufsagen: ‚Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes!‘ so sehen sie mir aus, als setzten sie dem Bibelspruch in Gedanken voran: Nach einer Vollhufe... Auch machen sie ein Gesicht, als verurteilten sie aus tiefstem Herzensgrund das Streben, die ganze Welt zu gewinnen. Sie blicken pharisäerhaft-tugendsam drein; ihre Seele kann ja keinen Schaden nehmen, weil sie mit einer guten Bauernstelle in Luhnstedt,
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