Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1958) Prosa
Entstehung
Seite
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auf den Wällen ineinander. Im frühen Sommer stand das dichte Gesträuch, einförmig grünen Mauern gleich, zu beiden Seiten des schmalen Weges. Nun aber tritt jeder Strauch mit der besonderen Art und dem unterscheidenden Grade seiner frühherbstlichen Verfärbung aus der Gemeinschaft zurück in die bunte Vereinze­lung. Es ist, als habe nun jeder erfahren, daß die Gemeinschaft, in die er, gestützt und selbst stützend, einbegriffen war, ihn am Ende entläßt zum einsamen Werke des Sterbens.

Den Schlehen ist schon ein blauer Flaum angeflogen. Noch kann ihn der Finger wegstreichen und darunter das sommerliche Grün wieder freilegen; aber am Stande der Sonne ist nichts zu verrücken. Aus jedem Holunder fährt bei meinem Nahen ein Schwarm von Vögeln ärgerlich hoch. Solange den dunklen Bee­ren eine letzte Schwere vorenthalten bleibt, stehen die Dolden noch aufgerichtet. Ihre fünf Strahlen sind vergleichbar den ge­streckten Fingern einer Hand, die einen beerengefüllten Teller den Vögeln gastfrei und zierlich entgegenhebt. Hagebutten hän­gen im Dorngesträuch, hier noch gelb, dort orangefarben und da nun tiefrot. Spindelbäumchen haben ihre große Zeit. Die Mär­chenschönheit des Behanges läßt ihren zwergenhaften Wuchs ganz vergessen. Die röteste Hagebutte erscheint in ihrer Glätte und Ungeteiltheit gemein neben dem besonderen stumpfen Rot der ziselierten Spillbaumkapsel. Man möchte glauben, Christ­kind ersinne im langen Sommer für die ferne Weihnacht neue Überraschungen, Christkind habe am Spindelbaum die Wirkung eines neuen Tannenbaumbehanges erproben wollen. Kapseln solcher Art, in Zucker gegossen und an Goldfäden aufgereiht, werden zur Weihnacht den Lichterbaum zieren. Unter den Hasel­nußsträuchern deckt gefallenes Laub reichlicher den Grund. Manche der Blätter sind noch unberührt grün, und man sieht ihnen an, daß sie abgerissen worden sind. Weiterhin verrät ge­brochenes Gezweig den Einbruch von Räubern. Wann würden wohl Haselnüsse je ganz reif? Nur ein paar Früchte sind unzeiti­

gem Raub noch entgangen. Einzeln, zu zweien, zu dreien sitzen sie noch in der lustig gespitzelten Hülle. Hier und da strebt aus

dem Knick eine einsame Eiche empor. Hin und wieder löst sich

aus krausem Becher eine Eichel. Als sich die Frucht an ihrem|

Grunde leicht bräunte, war ihre Zeit gekommen, und sie mußte

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