der ein Tropfen schwer und rund wird, der in der Andeutung eines Sonnenblicks einmal kurz aufleuchtet und dann zu Boden fällt. Nach einem Augenblick des Stillstandes wird dann dem Fluß sein Recht zurückgegeben. In seiner Rundung aber war der unscheinbare Tropfen vollkommen, und in seinem vergänglichen Glanz leuchtete die Ewigkeit auf.
So macht im Fluß eines verborgenen Menschenlebens der Augenblick vor dem Fall eines Tropfens die Welt vollkommen, weil diese Sekunde so wirkt, als sei die Welt dem Zwang der Zeit entzogen. Vergangenheit und Zukunft sind aufgehoben, und im seligen Augenblick ruht das Wesen ganz und gegenwärtig. Auf den runden, zeitentrückten Augenblick kommt es mir an, auf die Stockung, in der das Ewige ist, nicht auf den Fluß der Geschichte.
Laßt mich die Rundung noch unter einem anderen Bilde rühmen! Seifenblasen sind eine hingehauchte Vergänglichkeit, und eine leise Bewegung der Luft kann sie zerstören. Es gibt aber ganz windstille Tage, an denen ein Kind es wagen darf, seine schillernden Kugeln im Garten steigen zu lassen. Dann schmiegen sich Himmel und Erde, zum Bilde geworden, um die Vollkommenheit der siebenfarbigen Rundung. In frostklaren Winternächten steht die Halbkugel des bestirnten Himmels selbst nicht vollkommener über der stillen Erde. Jede Kugel ist Bild der göttlichen Schöpfung, und die Vollkommenheit der Rundung ist unabhängig von den Maßen des Umfangs.
Es hat mich gelockt, aus meiner Jugend Augenblicke des Innehaltens, der Windstille noch einmal zu beschwören; es drängte mich zu dem Versuch, einer bedrohten und schnell zersprühenden Vollkommenheit der Welt dennoch eine kleine Dauer in der Sprache zu verschaffen. Vielleicht gelingt es mir dabei, dem Leser in stürmischer Zeit eine Spanne der Windstille vorzutäuschen. Wenn er sich dann mit der Wirklichkeit seines Leibes auch unvermindert wachsam gegen die anheulenden Gewalten stemmen muß, die ihm den Atem vom Munde reißen, so hat doch seine Seele eine andere Wirklichkeit und ein anderes Atmen. In einer Windstille, die im diesseitigen Verstande immer vorgetäuscht sein mag, kann sie so tief Atem holen, daß auf geheimnisvolle Weise dem bedrängten Wanderer eine Kraft zuströmt, seinen vorgebeugten Leib entschlossener gegen den Sturm zu stemmen.
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