dem Drohenden Auge in Auge meine Friedfertigkeit zu versichern, um mit arglosem Vertrauen allen bösen Willen zu entwaffnen. Heute indessen, heute war die Stunde noch nicht gekommen.
Ich kehrte mich dem Wall wieder zu, ohne weitere Absichten griffen meine Hände in seine Erde, und diese Erde gab widerstandslos nach. Da freuten sich die Finger ihrer Kraft und freuten sich der kühlen Weichheit, die sie betasteten, und die Augen freuten sich der tiefbraunen Farbe dieser Erde. Das häßliche, dürre Gras verschwand mehr und mehr, und langsam entstand in der Schräge des Walls eine Nische mit steilen Seitenwänden, einer steilen Hinterwand und einem ebenen Grunde, und alle Flächen ließen sich mit leichten Schlägen der flachen Hand wunderbar glätten.
Einmal aber mußte ein Ende sein; denn wenn der Bau über einen bestimmten Punkt hinausgetrieben wurde, stellten meine Hände seinen Bestand wieder in Frage. Kleine Erdschollen lösten sich unter den Schlägen von den Wänden und verunzierten den glatten Boden. Das Werk mußte als getan gelten. Wie schade! Oder war doch ein Weiterkommen? An einem krausen Baumstumpf im Knick entdeckte ich Moos, und bald schmückte ein grüner Teppich den Boden meiner Nische, und nun strömten mir die Einfälle zu weiterer Ausgestaltung in Fülle zu. Es wuchs am Wall ein schönes, dunkles Farnkraut, das an der helleren Unterseite seiner Blätter mit kleinen, kreisrunden gelben Flecken übersät war. Die Seitenwände meiner Nische überzogen sich mit diesem Grün.
Aller Flitter, den meine Taschen hergaben, fand sich in bedeutungsvoller Anordnung auf dem Moos ausgebreitet. Schlehenschnüre schlangen sich um dieses Innerste der Nische, und am Ende blieb nichts mehr zu tun, als das Werk still und innig zu bestaunen. Eine Beziehung zu„Löwe“ stellte sich noch nicht her.
Ich nannte das Ganze meine„Ausstellung“. Dieses Wort gehörte keineswegs in den Wortschatz eines kleinen plattdeutschen Knaben. Ich hatte es irgendwo aufgenommen, und nun erschien es mir zur Bezeichnung des Wunderbaren alltagsfern und unverbraucht genug. Unsere Jevenstedter Kirche hatte ich nie gesehen, und von einem Altar fehlte mir beides, Anschauung und Wort.
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