Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1958) Prosa
Entstehung
Seite
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Dies alles war am Vormittag geschehen. Es wollten wohl im Laufe des Tages der merkwürdigen Dinge noch viele beachtet sein; aber die Gedanken kehrten immer wieder zurück zu der Ausstellung. VonLöwe hatte ich keinem Menschen je erzählt. Wie hätte ich denn von der Ausstellung reden sollen? Es ist so schön, Heimlichkeiten zu haben. Und wenn nun der böse Tage­löhner vom Felde heimkommt, lärmt er im Nindorfer Weg acht­los dahin und weiß an der bestimmten Stelle nicht, daß ganz, ganz nahe das Wunder einer Ausstellung prunkt.

Am Nachmittag durchsuchte ich meinen Besitz nach glänzenden Dingen. Und wenn am Ende die Auswahl klein blieb, so hatte mich wohl das Gefühl geleitet, es könne durch wahllose Häufung eher verdorben als gebessert werden. Nur das ganz Kostbare konnte zugelassen sein. Zur rechten Zeit fielen mir auch meine Sprüche ein. Das waren jene beliebten Engel- und Blumen­bilder, die aus haltbarem Papier herausgestanzt werden. Mir zuliebe kaufte meine Mutter ihren Kaffeezusatz bei dem Händ­ler aus Hohenwestedt, der an jedem zweiten Donnerstag vor­sprach. Wenn man von den runden Paketen eine äußere Papier­hülle abriß, kamen die wunderbarsten Sprüche zutage, die in meiner Schachtel noch lange die Rundung des Paketes bewahrten. Ich suchte die beiden schönsten Bilder aus, nun doch nicht ganz ohne Bedauern. Aber werden nicht meine Sprüche in anderen GegendenOblaten genannt? Ich brachte sie dar.

Das geschah am späten Nachmittag. Eifervoll gestaltete ich meine Ausstellung, und Löwe hatte sich mit einer recht flüchtigen Ehrenerweisung begnügen müssen.

Abends im Bett kamen mir dann allerlei Bedenken. Wilde Tiere schweifen umher; sie werden die Ausstellung zerstören. Und wenn es über Nacht regnet, dann ist alles verdorben. Und dann... ja, meinem Werk droht Unheil und in ihm mir selbst! Löwe wird meinen, daß der Bau errichtet ist als ein Trutz gegen seine Gewalt. Und hat er nicht recht? Ist nicht im Grunde alles so gemeint? Nun wird er bei Nacht vom Wall springen, wird über die Koppel hetzen und alles vernichten.

Die Nacht hatte Frost gebracht. Die kahlen Bäume vor unse­rem Hause zeigten sich wie durch Zauber neu belaubt, hatten sich aber um des Wunders willen in Weiß gehüllt. Die Sonne leuch­

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