Augenblick aufrecht und gesammelt in der Luft, wie am windstillen Morgen Rauchsäulen unbeweglich über den Häusern stehen. Der Zugwind neuer, bunter Erlebnisse griff in den Nachhall des Rufes und zerstreute ihn, so daß ihm— wie ich lange meinte— kein Auftrag folgen konnte.
Da ich aber im Jahr nach dem Erlebnis mit dem Psalm wie traumbefangen anfıng, Märchen und erste Verse ungeschlacht auf rohes Papier zu schreiben, muß es doch mit beidem seine Richtigkeit gehabt haben: mit dem Anruf und dem Auftrag.
In unruhiger Zeit gab es der Verlockungen genug, die mich von dem anbefohlenen Weg abziehen wollten auf andere, denen gewiß der Vorteil längerer Erprobtheit und größerer Geselligkeit eignete. Und wenn ich nun sage, daß ich trotz allem Richtung und Gehorsam gehalten habe, so befällt mich in der Freude zugleich ein jähes Erschrecken. Vergesse ich der Demut? Ich rühme mich ja nicht um meiner Beharrlichkeit und Findigkeit willen, ich rühme die Stärke und Unentrinnbarkeit des Herrn. Ist schon im Bereich des Menschlichen der Gehorsam oft weniger Tugend und Verdienst des Ausführenden als vielmehr fortwirkende Gewalt des Befehlswortes, so verliert in der Begegnung mit Gott der Gehorsam seine Verdienstlichkeit ganz.
Es sollen hier nicht die kleinen Begebnisse meiner Jugendjahre wichtigtuerisch und selbstgefällig ausgekramt werden. Verloren eingesprengt aber in das erstarrte Gestein meines vergangenen Lebens findet sich hier und da ein Aderchen Gold. Hin und wieder geschah meiner Seele die Gnade, daß sich in ihr die Transformation des göttlichen Wirkens ins Menschliche an einem kleinen Punkt erfüllen durfte. Aus einem unendlichen Brande fiel ein Funke in meine Seele. Von der Möglichkeit dieses Vorgangs will ich Zeugnis ablegen. Das Erlebnis selbst zwar ist einmalig und unwiederholbar. Doch kann der wunderwirkende Odem der Sprache unter Bergen von Asche das Knistern und Sprühen des Augenblicks der Wandlung neu gegenwärtig machen. Mein Mühen gilt diesem Werk.
Wenn es mir mißlang, so haben dennoch auch in unserer Zeit andere tröstlich bewiesen, daß dem dichterischen Wort diese Gewalt gegeben ist. Wo die Sprache der echten Eingebung gewürdigt ist, da überwindet sie die menschliche Unzulänglichkeit, da
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