Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1958) Prosa
Entstehung
Seite
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heute noch ganz unerklärlich. Aber dieser Tag hatte es offen­bar in sich, und sein verborgener Glanz schlug schon hier nach außen.

Sonst standen in diesen Frühlingszeiten im neuen Grün die ersten blühenden Buschwindröschen unerreichbar am jenseitigen Ufer der Au. Diesseits, wo man sie ohne Mühe und Gefahr hätte pflücken können, war alles kahl, wie ja denn immer das Schöne irgendwie jenseits steht. Heute konnte ich an die Blumen ganz einfach herangehen, und meine Hände hielten schon einen mäch­tigen Strauß. Dazu schien die Sonne fast sommerlich warm. Klarer ist der Bäche Wasser im ganzen Jahr nicht als an sonnigen Märztagen. Die Wässerleinglullern über die Steine hin. Ich weiß für ihre Geräusche kein besseres Wort als dies plattdeutsche, mit dem grämliche Erwachsene das Lachen von Kindern miß­billigend belegen, wenn sie zum Lustigsein keinen rechten Grund sehen. Dann wollen die Kleinen wohl dem Lachen Dämme vor­setzen; aber die grundlose Heiterkeit bricht doch gedämpft immer wieder durch und wird in ihrem Kampf mit den Hindernissen zu dem eigentlichenGlullern, das die Großen so aufreizend albern finden. Soglullern im März die Wasser dem abziehen­den Winter nach. Noch lassen sie nicht alle Vorsicht außer acht; denn der Grämliche kann immer noch mit einem barschen Wort umkehren und einen letzten Versuch zur Wiederaufrichtung des schwindenden Respekts unternehmen. Die Buschwindröschen blühten, die Wasser glullerten ohnmächtig an meinen blanken Stiefeln hin, und in den Ellern lärmten die Stare. Und dann erschien Paula.

Es entwickelte sich ein Gespräch, das mir schnell zur Wonne wurde, obwohl sich da dörfliche Blödigkeit hoffnungslos mit weltläufiger Zungenfertigkeit eingelassen hatte. So war denn von einem Widerstand kaum noch die Rede, als Paula mich auf­forderte, ihr meine Stiefel abzutreten. Sie mußte es wohl auf die Blumen abgesehen haben; aber es kam mir nicht in den Sinn, sie dadurch von ihrem Vorhaben abzulenken, daß ich ihr meinen Strauß überreichte. Der Hinweis auf Paulas Altersvorsprung von zwei Jahren und den entsprechenden Unterschied in der Fußgröße wäre auch wohl ohne Erfolg geblieben. Da saß ich denn unterm Ellernbusch, die Füße auf einen Stein gestellt, weil

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