Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1958) Prosa
Entstehung
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spannen erbötig. Da ging es zum Beispiel in der Frühe eines stillen, sonnigen Septembersonntags hinaus ins Gebiet der nörd­lich vom Dorf gelegenen Katzheide, um für die Schweine die Winterstreuans Haus zu bringen. Dem etwas klapprigen und vernachlässigten Fuhrwerk unseres Freundes wurde zwar die Er­füllung gewisser Repräsentationspflichten ziemlich sauer; aber das kümmerte mich nicht. Immerhin bewegten wir uns durch das Dorf in einem achtungheischenden Trab, den dann jenseits der Brücke über denhinteren Bach die guten Mähren ohne Geheiß beendeten. Dazu war guter Grund; denn der Weg versandete mehr und mehr und stieg außerdem aus dem breiten Tal der Au und ihrer Nebenbäche langsam zur Höhe der Heide empor. Meine Spaziergänge mieden diese Gegend, die mir einstweilen noch öde, kahl und langweilig vorkam und mich ein wenig de­mütigte, weil sie mir die Mühsal der Raumbezwingung so klar­machte. Heute nun war ich der Herr. Der einsamen, eigengeform­ten Knickeiche dort ist befohlen, sich mir zu nähern und sich bequemer Betrachtung darzustellen. Sie tut es widerwillig, wäh­rend das Pferdegeschirr mit seinem Lederzeug knirscht und jankt, mit seinen Ketten klirrt; und die Räder malmen im eisengrauen Sand. Die plattdeutsche Sprache bezeichnet sehr schön die Auf­gabe einer beschwerlichen Wanderung alsHinharren. Heute müssen die Dinge, die an den zahlreichen Wegbiegungen fern vor mir auftauchen, sich zu mir hin bemühen, und ich streife sie beim Vorüberfahren mit einem durch Wohlwollen gemilderten Herren­blick. Und Hans Vollert erzählt. Er ist schon hoch im Wort, und der schöne, stille Morgen und die Gewißheit, Ohren zu predigen, die seine Künste gebührend zu würdigen wissen, steigern seine Laune. Manche Leute sitzen geduckt und mürrisch auf ihren Sitzbrettern. Man sieht ihnen an, daß sie sich nicht aus Plackereien und klein­lichen Gedanken zu erheben vermögen. Aber wir, wir sind von anderem Schlage, und wenn wir denn auchHeide fahren müs­

sen, und dazu noch am Sonntagmorgen, so wissen wir uns den­

noch ein Fest daraus zu bereiten.

Wir fahren am Rande des Kattbeker Geheges hin. Hans Vol­lert bezeichnet mit seiner Peitsche dort drüben rechts die Stelle, an der Kattbeker Bauern vor einem runden Jahrhundert, im

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