Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1958) Prosa
Entstehung
Seite
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Mauern empor, zwischen denen ein Streifen sternlosen Himmels erkennbar bleibt. Wieder überlasse ich mich dem Schlaf.

Und plötzlich geschieht es! Unser Gefährt gerät in den Graben, wirft seine aufschreiende Menschenlast durcheinander und bleibt dann gefährlich geneigt stehen, ohne uns jedoch in die Ungewiß­heit hinausgeschleudert zu haben. Wir müssen absteigen, und während Hans Vollert sich bemüht, das Fahrzeug wieder flott­zumachen, setzt ihm meine sehr beredte Mutter mit ihrem Hohn zu. Aber Hans ist in seiner guten Laune nicht zu beirren. Er weist Marieken, deralten Deern, wie er sie nennt, mit großem Scharfsinn nach, wie nur seine nie erlahmende Umsicht, sein wagenlenkerisches Geschick Schlimmeres, ja, das Schlimmste, zu verhindern gewußt, und daß er sich von ihr heißen Dankes eher als schnöder Redensarten versehen habe. Dann konnten wir un­sere Plätze wieder einnehmen, und vorsichtig ging es weiter. Als aber Wolkenhaars Koppel erreicht war, als das bedrohliche Schwarzdunkel hinter den Hegepforten zurückbleiben mußte, war dies Abenteuer, dessen konnte man sicher sein, durchaus noch nicht abgeschlossen. Es stand nur erst sozusagen in seinem Rohbau da und harrte der wohnlichen Ausgestaltung, die ihm in den heiteren Gesprächen kommender Winterabende vorbehalten blieb.

Einer anderen Fahrt nach Vollstedt entsinne ich mich, die allerdings mit Hans Jahn unternommen wurde und schon aus diesem Grunde minder festlich ausfallen mußte. Außerdem han­delte es sich darum, für die Erfordernisse der Werkstatt Eichen­holz zu holen, und dafür konnte kein leichtes, gefedertes Fuhr­werk, sondern nur ein alltäglicher Bauernwagen in Betracht kommen. Als auf der Heimfahrt ein Sprühregen einsetzte, be­reitete mir der Vater im Stroh zu seinen und des Fuhrmanns Füßen ein warmes Nest, das er mit einer Leinenplane überdachte. In der warmen Geborgenheit meinerHöhle war mir unbe­schreiblich wohl, und dies Geständnis wage ich, obwohl ich weiß, welcherlei Betrachtungen, Psychoanalytiker daran knüpfen kön­nen. Zwischen den Brettern des Vorderschotts waren die Fugen breit genug, um mir jederzeit die Bestimmung desStandortes zu ermöglichen. Ich meinte sogar, das hereindringende Licht müsse zum Lesen ausreichen, wenn man das Buch unmittelbar

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