Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1958) Prosa
Entstehung
Seite
146
Einzelbild herunterladen

pflichtung zur Leutseligkeit gemahnt haben. Sie blieben auf der Brücke einen Augenblick neben mir stehen und geruhten äußerst huldvoll nach meinem Namen zu fragen. Meine Antwort:Fried­rich Ernst Peters tat denn auch die erwartete Wirkung, und in unverhohlener Bewunderung sagten die Prinzessinnen:Oh, das ist aber ein sehr schöner Name! Da aber fiel das Gewissen mit der Zuchtrute über mich her, machte mir meine barfüßige Er­bärmlichkeit erbarmungslos klar und bestimmte mich, dem Hoch­staplertum zu entsagen und der Wahrheit die Ehre zu geben. Beschämt und kleinlaut erläuterte ich:Aber eigentlich heiß ich man bloß Fritz Peters.)

Eines Tages öffnete sich mit der Luhnstedter Schultür auch mir| der Zugang zur Welt der Schriften. Vorerst freilich tat sich nur ein Spalt auf, eben weit genug, daß ich meinen Arm hindurch­zwängen und erraffen konnte, was unmittelbar hinter der Schwelle für mich bereit lag. Mit dem Schreiben war das eine sehr eigene Sache. Wenn der Lehrer und auch die Eltern vor­gaben und sogar bewiesen, daß sie die aus der Fibel abgeschrie-_ benen oder auch die nach sorgfältiger Vorbereitung des Wort­lauts frei niedergeschriebenen Sätze zu lesen verstanden, so konnte_ dem immer noch irgendeine Übereinkunft der Erwachsenen zu­grunde liegen. Mußte man nicht in entscheidenden Dingen stets ­darauf gefaßt sein, von ihnen hinters Licht geführt zu werden?_ Der Wert der neuerworbenen Kunst des Schreibens war erst er­wiesen, wenn sich ein Gedanke, der vorher nirgendwo anders als nur in meinem Kopf existiert hatte, einem anderen Menschen durch die Schriftzeichen mitteilen ließ. Zu einem in diese Rich­tung weisenden Experiment ließ sich mein Bruder herbei. Di Augenblick machte in meinem Leben Epoche; hier war ich ei Offenbarung teilhaftig geworden. Ich geriet in einen Machtra und fühlte mich als Magier fähig, durch die Schrift nach mei Belieben Segen und Fluch zu wirken.

Ich betrieb meine Übungen mit stillem Eifer und ließ mich b kühnen Vorstößen in die Freiheit des Unendlichen von den Vo schriften der Orthographie nicht beengen. Es war eine erregen Zeit, und ich konnte der Unruhe nur dadurch begegnen, daß i meine Zukunft ein für allemal festlegte. Für jeden Mens kommt wohl einmal diese Stunde, und aus der Unzahl der M

146