noch ohne alle Ungeduld, vor einer verschlossenen Tür, hinter der ich die Erfüllung meines Lebens ahnte.
Einmal nur, als ich in der Kunst des Buchstabierens leidlich sicher geworden war, faßte ich den heroischen Entschluß, die Burg des Wissens zu berennen, und zwar am Tor der englischen Sprache. Ich fand nämlich auf der ersten Seite einer Grammatik das englische Alphabet, und damit flog das Tor auf. Wenn der englische Spleen vorschreibt, z. B.„H“ wie„Aitsch“,„A“ wie „Ai“ und so fort zu sprechen, so muß„Haus“ im Englischen „Aitschäijueß“ heißen. Als ich mir auf solche Weise eine ganze Reihe ungeheuerlicher Lauthäufungen geschaffen hatte, stachelte mich der Gelehrtenhochmut, mit meiner Kenntnis der englischen Sprache vor dem älteren Bruder zu prahlen. Der hatte nun zwar gleichfalls vom Englischen keine Ahnung; aber mein Kauderwelsch kam ihm doch sehr verdächtig vor. Als ich ihm dann die Methode meiner Sprachaneignung auseinandersetzte, war der ganze Erfolg ein unbändiges Hohngelächter. Die Unterscheidung zwischen dem Laut und dem Buchstaben ging schon halbwegs über meine Fassungskraft. Haarsträubend wurde die Sache, als mein Bruder behauptete,„Haus“ könne im Englischen ebensogut „Warda“ wie„Klanko“ heißen. Daß es aber irgendwo auf Erden möglich sein solle, ein„Haus“ zu der Ungeheuerlichkeit zu vermögen, nicht mehr„Haus“ zu sein, das stieß mich ins Chaos hinaus. Da jedoch meine englischen Studien unbewußt von dem Bedürfnis eingegeben waren, Ordnung zu schaffen, so fanden sie mit diesem verwirrenden Erlebnis einen jähen Abschluß, und erst als 1901 von italienischen Arbeitern unsere Kleinbahn gebaut wurde, ging mir vom richtigen Gebrauch eines fremdsprachlichen Lehrbuches eine Ahnung auf.
Da zeigten die Bücher, die zu vertraulicherem Umgang in den Wohnräumen untergebracht waren, denn doch eine gefälligere Natur. Wenn es zum Verstehen auch in sehr vielen Fällen noch| nicht reichte, so konnte man sie wenigstens lesen. Was aus dem Besitz des Gutsgärtners stammte, bildete in diesem buntschichtigen Büchervolk die Aristokratie: Geschichtswerke, Schillers Gedichte in der Ausgabe von 1817, der„Don Carlos“ in der Cottaschen Miniaturausgabe von 1805, die weitberühmte„Illustrierte Kriegschronik von 1870—71“ und anderes. Dann kam,
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