kleinen Prielen und Tümpeln springt plötzlich eine unscheinbare Welle von der Höhe einer Fingerdicke auf. Sie trägt mit einem Glucksen, in dem aufwallende Freude durch ein Schluchzen gebrochen wird, die erste Kunde von der Wiederkehr der Flut an den Stränd. Die Fülle kehrt zurück. Der Umgang mit Büchern gibt wieder echtbürtige Erfüllungen.
Was soll man denen sagen, die hier geringschätzig von einem abgeleiteten, einem Leben aus zweiter Hand reden? Ein französischer Schriftsteller hat gesagt, daß alles darauf hinausläuft, Buch zu werden. Das klingt auch bedenklich nach literatenhafter Bleichsucht und Engbrüstigkeit und kann doch etwas ganz anderes sein. Allen Menschen ohne Unterschied kommt das Leben und seine Erhaltung aus denselben Quellen der Natur, und schon darum ist es irreführend, pralle Natur und Unmittelbarkeit als ein Vorrecht der einen zu preisen, während andere sich mit dem Dasein eines Homunkulus abzufinden haben. Man kann sich zum Schlürfen bäuchlings an den Quellen des Lebens niederwerfen und damit ein unüberbietbares Beispiel der Unmittelbarkeit geben. Es gibt aber auch eine manierlichere Art des Trinkens. Und warum muß geleugnet werden, daß die Quellen aus ihren ursprünglichen Tiefen auch manches Trübe heraufführen? Wer aber eines Weiteren bedarf, um zu seinen Erfüllungen zu gelangen, wem das Bedürfnis eingeboren wurde, die Wasser zu ihrer vollkommenen Klärung noch durch viele Filter des Geistes zu treiben— und wir meinen, daß der in dem Wort„Kultur“ verborgene Imperativ nie zu anderem Tun gedrängt hat—, der nährt sich damit nicht anders als andere Menschen auch. Warum also sollte er ein Homunkulus sein?
Nie kann der Geist verächtlich werden. Dem„sogenannten“ Geist allein eignet die gefährliche Freiheit, im Wolkenkuckucksheim ein ungebundenes Gespensterleben zu führen. Wer aber an der Wirklichkeit des Lebens freiwillig und verantwortungsbewußt mitformt und dennoch das Gefühl des Vorläufigen dieser Wirklichkeit nicht überwinden kann, der darf im„Aufstocken“ den Versuch machen, das Vorläufige ins Endgültige hinaufzutreiben. Es ist nicht der Mühe wert, bei denen eifernd zu verweilen, die sich unter dem Vorwande ihrer Geistigkeit der Teilnahme an der Arbeit des Ganzen entziehen möchten. Die geistige
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