Gewisse Nächte müssen den Dämonen freigegeben sein. Wasserspeier, die mit ihren vorgereckten Hälsen aussahen, als seien sie im Niederfahren erstarrt, reißen die ungestalten Leiber aus der Verborgenheit des Dachraumes los und erreichen im Sprung die Erde, der sie sich über Tag in einer Gebärde des Verdurstens zuneigten. Nun ist ihnen Freiheit gegeben, sich ahnungslos schlafenden Menschen auf die Brust zu knien, um ihnen die Seele auszutrinken. Starre Fratzen kommen ins Grinsen, da sie die Umklammerung des Steines schwinden fühlen, und der Überwältigte an der Säulenbasis rührt sich, daß ein Zittern über das Portal geht. Ihn bindet die Wucht des geweihten Baues trotz aller Anstrengung an seinen Platz; ihm bleibt verwehrt, was den Kleinen von den Seinen für eine Nacht gestattet ist. Hallo! Jetzt beginnt die fröhliche Hatz!
Den Fliehenden treibt es in irrem Wechsel durch gespenstische Landschaften und über die endlosen Flure und die unabsehbaren Treppen phantastischer Häuser. Was ihn bedroht, weiß er nicht. Die Flucht scheint sinnlos zu sein; aber die Angst gibt für ihr Be-Sinnen keine Zeit frei. Im Anfang stehen die Dinge noch mit dem Gehetzten im Bunde. Faßt er ein Treppengeländer, so reißt es ihn mit kleinem Ruck sicher in die bergende Tiefe, wo eine schwere Tür geräuschlos aufspringt, um den weiteren Weg freizugeben. Plötzlich aber wird alles Feind. Eine Tür schrumpft vor dem Fliehenden zu einem rohen Mauerloch am Grunde zusammen, durch das er sich nur mit unsäglichen Anstrengungen hindurchzwängen kann. Wohlgefügte Treppen verwandeln sich hämisch in schwanke Leitern, denen vereinzelte Sprossen ausgebrochen sind. Da klafft die große Lücke, an der alles Weiterkommen endet! Noch einmal wird die Gefahr gebannt. Halsbrecherische Klettereien, röchelnd vollführt, bringen den Atemlosen ins Freie. Wild geht seine Brust; das Herz arbeitet mit gewaltigen, hohlhallenden Stößen. Aber die Meute läßt nicht von seiner Spur. Weiter also! An dieser Wand empor, in die Nacht hinaus! Auf unerklärliche Weise drängen sich dem Klimmenden vorspringende Ziegel immer im Augenblick der höchsten Not vor Hände und Füße. Dann ist auch das vorbei. Der Gequälte hängt an einem Nagel an der Wand. Die eine Hand greift schon ins Leere hinaus. Es ist tiefe Nacht; aber auf der Mauerfläche um den
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