Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1958) Prosa
Entstehung
Seite
185
Einzelbild herunterladen

man, von überlegenen Feinden verfolgt, aufatmend die Tür hin­ter sich zuschlug, so war man gerettet. Es konnte einem nichts mehr geschehen, wenn man im Sommer gerade noch vor dem Niederbrechen des Gewitterregens die Pforte erreichte. Und im Winter, wenn man sich des Eislaufes wegen für die Mahlzeiten kaum eine Viertelstunde gegönnt hatte, grollte die Stube nicht um einer solchen Vernachlässigung willen. Bei der Heimkehr in der Dämmerung brummelte der Beileger gutmütig:Hast du deine Lust gehabt, Kind? Gut! Aber nicht wahr, nach einem solchen Tag ist nun doch auch meine Wärme ein gutes Ding?

Das Haus war aber nicht eigentlich still. Über Tag war es erfüllt vom Lärm der Werkstatt, wo Hammerschläge über dem Resonanzraum der Tonnen manchmal wie Donner rollten. Bei Nacht kamen aus dem Anbau, wo die Tiere hausten, sonderbare und beklemmende Geräusche. Ein altes Strohdachhaus läßt sich von einem kleinen Kind nicht bis in die letzten Winkel durch­forschen. Auf dem dämmerigen Boden im Heu zum Beispiel können sich unheimliche Wesen verbergen. Hört man nicht zu­weilen durch die Decke das Huschen leiser Füße? Da wird wohl eines Tages in der Knabenkammer unter meinem Bett ein Iltis gestellt und totgeschlagen. Aber eine solche Erklärung geheimnis­voller nächtlicher Geräusche ist doch nicht ganz beruhigend. Eine städtische Wohnung von heute, in der es keine Geheimnisse gibt, wo das elektrische Licht keine Ecken und Winkel zuläßt, deren Leben man auf sich beruhen lassen muß, in einer solchen Woh­nung müssen die Rationalisten prächtig gedeihen. Mein dörfliches Elternhaus war von Geistern voll. Es mag ein Nis Puck dabei gewesen sein, der nur Schabernack anstellt, wenn man seine Wünsche nicht errät oder auch böswillig nicht erfüllt. Es mögen sich auch ausgemachte Böslinge umgetrieben haben. Die guten Geister aber hatten die unbestrittene Übermacht. Sie lebten das tägliche Leben in unserer Mitte, während die Bösen ohnmächtig am Rande stehen bleiben mußten.

Dies tägliche Leben war in seinem Wesen Arbeit, harte Arbeit sogar. Immer aber spielten freundliche Lichter darüberhin wie Sonnenflecke über den Waldboden, und immer war das Bestreben spürbar, ernste Arbeit durch die begleitenden Reden aus ihrer Unerbittlichkeit in das Gebiet des Spielerischen herüberzuschmei­

185